Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 141. Sitzung / 50

1. Die Bundesregierung wird aufgefordert, mit der neuen Regierung der Bundesrepublik Deutschland unverzüglich bilaterale Gespräche in Sachen "Atomfreies Mitteleuropa" und einer entsprechenden Änderung des Euratom-Vertrages aufzunehmen. Insbesondere soll:

eine koordinierte Vorgangsweise bezüglich der Erstellung von Atomausstiegskonzepten für die MOE-Staaten im Rahmen der EU-Erweiterungsverhandlungen erreicht werden,

eine gemeinsame Haltung in der Ablehnung des grenznahen AKW Temelin erreicht werden, zumal deutsche Banken derzeit mit einer Beschaffung von rund 1 Milliarde österreichische Schilling zur Finanzierung der Reaktorfertigstellung befaßt sind,

eine Kooperation mit dem Ziel der Schließung des slowakischen AKW Bohunice und der Entwicklung von Alternativen zum Ausbau des AKW Mochovce erreicht werden, dies unter Hinweis auf die Mitverantwortung Deutschlands, das mittels einer staatlichen Kreditgarantie die Fertigstellung von Mochovce-Block I ermöglichte, obwohl entgegen den Bedingungen Bohunice nicht vom Netz genommen wurde.

2. Die Bundesregierung wird ersucht, entsprechend ihrer Vorankündigung im "Atompaket" vom 13. November 1997 ein Atomverfassungsgesetz vorzulegen. Dieses Gesetz soll jedenfalls folgende Punkte umfassen: Verbot des Besitzes, der Verwendung, der Herstellung, des Versuches, der Ein-, Aus- und Durchfuhr und der Stationierung von Atomwaffen inklusive der Einrichtung entsprechender Infrastruktur.

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Das wären ganz konkrete Vorschläge, die jetzt aufgrund der veränderten deutschen Situation umzusetzen wären und die auch hier abgestimmt werden müssen.

Lassen Sie mich zum Schluß hier noch ein paar Bemerkungen zur Arbeit im Ausschuß anläßlich des Atom-Volksbegehrens machen. Das ist nämlich sozusagen der sechste Abstrich von dem Zenit der österreichischen Atompolitik im Juli. Dieser sechste Abstrich hat drei, vier Facetten, die für sich sehr bezeichnend sind und eine sehr deutliche Sprache sprechen.

Erstens: Viermal mußte die Angelegenheit "Volksbegehren" auf die Tagesordnung gesetzt werden.

Zweitens: der Besuch des Oberösterreichischen Landtages. Eine Delegation des Oberösterreichischen Landtages wurde zwar empfangen, aber die Forderungen, die im Rahmen dieses Besuches gestellt wurden, fanden in den ersten Entwurf zu diesem heutigen Entschließungsantrag keinen Eingang. Erst in der letzten Sitzung des Ausschusses vom 24. September wurde mittels Sitzungsunterbrechung mühsam darum gefeilscht, daß zumindest drei Punkte des Oberösterreichischen Landtages in diese Entschließung Eingang finden.

Nächster Punkt: Der Fünfparteienkonsens in Sachen Temelin war auch erst in der letzten Sitzung des Ausschusses möglich, ebenfalls mittels Sitzungsunterbrechung. Die Vorlagen von seiten der Regierungsparteien waren relativ schwach, sie beinhalteten praktisch keine Konkretisierung und umfaßten nicht die konkreten aktuellen Brandherde der Atompolitik. Das brachte für mich eine eindeutige Erkenntnis, nämlich daß die Aussagen vom Juli wohl noch gelten, aber schön langsam zu weichen beginnen und scheibchenweise entsorgt werden. Wir laufen Gefahr, wir stehen an der Kippe, die österreichische Antiatompolitik sowohl im Waffenbereich als auch im zivilen Bereich schön langsam irgendwelchen dubiosen EU-Kriterien unterzuordnen. Das ist für mich der falsche Weg, vor allem angesichts der Präsidentschaft. – Meine Kollegin Langthaler wird die Chancen, die die EU-Präsidentschaft noch zwölf Monate birgt, besonders herausstreichen.

Zum Schluß möchte ich noch darauf hinweisen, daß das Atomhaftungsgesetz insgesamt sicher ein Blitzlicht in der österreichischen Atompolitik ist. Dieses Blitzlicht, dieser Quantensprung bringt aber leider auch einige Wermutstropfen mit sich. – Nähere Ausführungen später.


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