Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 141. Sitzung / 77

Das österreichische Atomhaftungsgesetz wird heute ein kleiner Beitrag dazu sein, und ich freue mich sehr, diesem zustimmen zu können. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.26

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.26

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich in meinem kurzen Debattenbeitrag mit der Regierungsvorlage zum neuen Atomhaftungsgesetz 1999 beschäftigen.

Ich glaube, es ist in mehrerer Hinsicht ein bemerkenswertes Werk, das uns hier vorliegt, auch wenn die unmittelbare Betroffenheit für Österreich aufgrund der nicht vorhandenen Kernkraftwerke vielleicht weniger dramatisch ist. Aber dennoch, es hat gewisse Vorwirkungen, die ich erwähnen möchte.

Meiner Meinung nach ist das bisherige Atomhaftpflichtgesetz aus dem Jahre 1964 völlig überholt. Wir sind uns alle darüber einig, daß die heutigen technischen, wissenschaftlichen, rechtlichen und umweltpolitischen Rahmenbedingungen ganz andere sind und man darauf reagieren muß.

Ich glaube aber, daß sich dieses Haus mit dieser Problematik auch schon ausreichend auseinandergesetzt hat. Nicht umsonst gab es zwei Entschließungsanträge dazu – vom 9. Februar 1995 und vom 10. Juli 1997 –, die das alles bereits aufgearbeitet haben. Jetzt liegt uns ein Ergebnis vor, und ich möchte auf drei kurze Bereiche eingehen, die meiner Meinung nach in der rechtspolitischen Dimension dieses Gesetzeswerkes bemerkenswert sind.

Der eine Bereich betrifft den § 6: die Sicherstellung. Sicherstellung etwa für jemanden, der eine Kernanlage in Österreich betreibt – dieser Anwendungsbereich wird nicht sehr umfangreich sein –, Sicherstellung auch für jemanden, der verstrahltes Material, Kernmaterial durch Österreich transportieren will. Die Sicherstellung ist deshalb bemerkenswert, weil sie mit einer Versicherungspflicht in einer bemerkenswerten Höhe gekoppelt ist: 5,6 Milliarden Schilling für jemanden, der eine Kernanlage betreiben will. Das ist natürlich für mögliche Schäden nicht das allermeiste, aber doch eine Summe, die auch zu einer Versicherungsleistung und zu einer gewaltigen Beteiligung und Prämie führt. 560 Millionen Schilling für jemanden, der Kernmaterial transportieren will! Das bedeutet schon, daß dadurch auch eine Haftungssumme aufgebaut wird, die wirklich zu einer Deckung von allfälligen finanziellen Ansprüchen führen könnte.

Ich halte das auch im Hinblick auf eine internationale Vorbildwirkung für bemerkenswert. Wir wollen doch alle, daß wir in der internationalen Staatengemeinschaft zu einer Regelung kommen, die diese Situation auch international verbessert.

Was für mich aus juristischer Sicht interessant ist, sind die Bestimmungen der §§ 11 und folgende. Es wird bei der Verursachung durchaus zu Recht darauf verwiesen, daß – es ist dies eigentlich eine neue Art, die wir im Schadenersatzrecht nicht kennen – der Verursacher nicht eindeutig so nachgewiesen werden muß, daß man die Ursache-Wirkung-Prinzipgestaltung auch eindeutig nachweisen muß, sondern daß das Prinzip der Wahrscheinlichkeit genügt. Das ist rechtspolitisch interessant, denn dies bedeutet, man hat nur nachzuweisen, daß es wahrscheinlich ist, daß der Schaden darauf zurückzuführen ist. Da muß man, wenn man auf Wahrscheinlichkeit eingeht, wahrscheinlich auf die Typik zurückgreifen. In solchen Fällen sind jedoch praktische Anwendungsbeispiele kaum in der Rechtsordnung zu finden, und man wird sich schwertun, im Sinne dieses Tatbestandes auf diese Typik zurückgreifen zu können.

Letzte Anmerkung: die Frage der Geltendmachung eines Schadens nach österreichischem Recht, auch wenn sich der Schädiger nicht in Österreich befindet und möglicherweise auch eine ausländische Anlage einen Schaden verursacht hat.


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