Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 141. Sitzung / 106

zuwirken, daß, vor allem was die Frage Slowenien betrifft, noch einiges – auch im Zusammenhang mit dem Kulturabkommen – geschieht.

Meine Damen und Herren! Mit der slowenischen Verfassung hat man da einen mutigen Schritt gesetzt. Ich möchte wegen der Kürze meiner Redezeit nur die Artikel mit ihren Nummern nennen, beispielsweise Artikel 61, in dem es klar heißt – ich zitiere –:

"Vsakdo ima pravico, da svobodna izraža pripadnost k svojemu narodu ali narodni skupnosti, da goji in izraža svojo kulturo in uporablja svoi jezik in pisavo.”

Im nächsten Absatz geht es dann um das Recht, auch in Schriftform die eigene Sprache verwenden zu können. (Abg. Dr. Ofner: Auch vor der Behörde?) Es kommen dann die klaren Bestimmungen zur italienischen, zur ungarischen Volksgruppe und auch für die Roma. Ich bin der Auffassung, daß man auch eine Verfassungsformel für die anderen in Slowenien beheimateten Volksgruppen finden muß, auch für die deutschsprachigen Slowenen.

Meine Damen und Herren! Dabei haben wir es mit einem großen Problem zu tun, das nicht zu verniedlichen ist. Es gibt zwei Ebenen der Problematik: Da sind einmal die Gotscheer, die ganz anders zu behandeln sind, die als Adressat in Sachen Aussiedlung eigentlich Italien und Deutschland haben. (Abg. Jung: Weil Druck gemacht wurde!) Schon, aber: Wer für den Entzug des Vermögens und die Rückgabe zuständig ist, darüber muß man sehr wohl reden, und wir wissen ja, daß die Gotscheer zum italienisch-faschistischen Territorium dazugehört haben. Das wissen wir auch klar. (Abg. Dr. Graf: Hilflose Nebelgranaten, die Sie da abschießen!)

Anders ist die Sache mit der Frage der sonstigen deutschsprechenden Slowenen in der jetzigen Republik Slowenien zu behandeln. Es ist also unbedingt notwendig, sorgsam mit dieser Frage umzugehen.

Ich würde sagen, daß Ihre Anfrage, Ihre Unterstellung oder Ihre Stellungnahme zur Frage des EU-Beitritts dieser Länder – ja oder nein? – deshalb grundfalsch ist, weil das EU-Recht in weiten Bereichen diese Länder bereits zwingt, ihre Normen zu ändern. (Abg. Dr. Ofner: Das sehe ich nicht so!) Auch wenn sie die eigenen Normen nicht direkt ändern, kommen neue Normen zur Geltung. Daher sollten wir mutig sagen: Jawohl, wir möchten unsere Freunde im Süden und im Osten in der EU sehen – dies auch deshalb, weil wir uns tatsächlich für die Interessen deutschsprachiger Volksgruppen einsetzen. Das ist der Punkt, meine Damen und Herren! (Abg. Dr. Ofner: Karl, setz dich nieder!)

Sie argumentieren am Sonntag so, am Montag ist es wieder anders, und am Freitag haben Sie vergessen, was Sie zu Anfang der Woche behauptet haben. Diese Frage ist zu wichtig, als daß sie von Personen und Gruppen mißbraucht wird: in Österreich von der FPÖ, von der SPR-RSČ des Herrn Dr. Miroslav Sládek in Prag oder vom Herrn Jelinčič in Ljubljana. Diese Fragen sind zu ernst und schwerwiegend. Daher gehören sie in sorgfältige Verwahrung und sorgfältige Behandlung – und nicht in schlampigen Dringlichen Anfragen mißbraucht. (Abg. Dr. Ofner: Verwahrung – das hättest du gerne! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir, in den mir noch verbleibenden restlichen Minuten Kritik an der Politik dieser Bundesregierung anzubringen, denn mit der Freiheitlichen Partei sollte man sich an sich nicht so viel beschäftigen. (Abg. Scheibner: Warum wolltest du dann ein Mandat bei uns haben?)

Herr Bundesminister! Ich sehe große Versäumnisse im Bereich der EU und auch des derzeitigen Ratspräsidenten der EU: Wir wissen genau, daß wir in der EU eigentlich keine klaren Volksgruppen-Rechtsnormen haben, an denen wir diese neuen Länder und auch unser Land oder auch die "klassischen" EU-Länder messen könnten. Herr Bundesminister, es wäre doch an der Zeit – das Österreichische Volksgruppenzentrum wurde bei Ihnen diesbezüglich schon vorstellig –, eine neue Materie, nämlich ein Volksgruppenrecht beziehungsweise eine Volksgruppenrechtsnorm, in die EU-Grundverträge aufzunehmen – dies umso mehr, als wir alle darüber einer Meinung sind, daß Menschenrechte nicht nur Fragen eines einzelnen Staates, des


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