Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 142. Sitzung / 150

eben nicht nur eine Überschreitung des Abbauhorizontes gegeben hat, sondern dieser Umstand aller Wahrscheinlichkeit nach das Grubenunglück zumindest mitverursacht hat. Ich sehe auch in diesem Punkt wieder einige Diskrepanzen zu jenem Bericht, den uns der Herr Wirtschaftsminister im September gegeben hat.

Damals hat der Herr Wirtschaftsminister nämlich nicht nur gesagt, daß er sozusagen beim besten Willen nicht darüber Auskunft geben könne, welche Ursachen zu diesem Unglück geführt haben – eine Aussage, die ich damals vielleicht noch geneigt war zu glauben, aber jetzt, im Lichte Ihrer Erklärung, Herr Minister Michalek, gar nicht mehr geneigt bin zu glauben, denn die Frage lautet: Was ist "sehr bald"? Wenn "sehr bald" das ist, was es auch umgangssprachlich bedeutet, dann müßte Herr Minister Farnleitner eigentlich am 16. oder 18. September von den Ergebnissen der Untersuchung der Staatsanwaltschaft gewußt haben.

Interessant finde ich, daß Sie, Herr Minister Farnleitner, uns in Ihrem Bericht im September gesagt haben, daß Sie am Tag vorher die Staatsanwaltschaft Leoben per Fax und Brief umgehend von dieser neuen Sachlage, nämlich der Tatsache des Schwarzabbaues, informiert haben. Wie gesagt, das war am 16. September.

Diese Äußerung wirft nun im Lichte des Berichts von Minister Michalek eine völlig neue Frage auf: Worüber haben Sie die Staatsanwaltschaft informiert? Denn: So wie ich das lese, hat sie das am 16. September schon gewußt. Das alles zeigt nur die Ungereimtheiten auf, die sich daraus ergeben, und deswegen ist es vielleicht ganz gut, daß es heute diesen Bericht gab.

Und zur Rolle der ÖVP, die in diesem Haus immer so tut, als wollten wir irgend jemanden anschütten (Abg. Mag. Mühlbachler: Jawohl! Genauso ist es!), obwohl wir ständig von den Ereignissen eingeholt und täglich neu überrollt werden, muß ich in aller Deutlichkeit sagen: Für die Aussage, das sei ein Kriminalfall, haben Sie uns noch vor vier Wochen fast gesteinigt. Heute steht es schwarz auf weiß im Papier von Minister Michalek. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Natürlich ist das so! (Beifall bei den Grünen.)

Daß Sie allerdings bis heute noch nicht zwischen der politischen Verantwortung und der Klärung des Sachverhaltes durch die Staatsanwaltschaft unterscheiden können, wiegt insofern erheblich schwerer, als Ihr Demokratieverständnis offensichtlich weit entfernt ist vom allgemeinen Verständnis von Parlamentarismus.

Ich möchte noch einen Aspekt der politischen Verantwortung erwähnen, der sich heute für mich ebenfalls ganz anders darstellt als im September: Herr Minister Farnleitner sagte, wie ich bereits vor der Pause ausgeführt habe, daß in diesen ersten Tagen des Unglücks alles in Verantwortung des Betriebes erfolgt sei, obwohl eigentlich die Bergbehörde dafür zuständig war und er als Minister politisch dafür verantwortlich ist, daß die Bergbehörde tätig wird. (Beifall bei den Grünen.)

Aber nicht genug damit: Er schrieb damals in seinem Bericht, daß er am 21. Juli erkannt habe, was seine Verantwortung sei. Er beschreibt im Bericht genau, daß das Werk, die Naintscher Werke, nicht in der Lage gewesen wären, die Rettungsarbeiten durchzuführen, und da natürlich er als Minister, als letzte Instanz in der Bergbehörde, dafür verantwortlich sei, habe er Herrn Dipl.-Ing. Maier bestellt. – Das war am 21. Juli, am 17. Juli ist das Unglück passiert. Vier Tage hat also der Minister gebraucht, bis er draufgekommen ist, wofür er verantwortlich ist. Und Sie sagen, wir sollen das nicht überprüfen und hinterfragen! (Beifall bei den Grünen.)

Ihr eigenartiges Verständnis gipfelt in einer Äußerung Ihres Abgeordneten Kukacka, der gemeint hat, in diesem Haus dürfe jeder Abgeordnete sanktionslos einen Minister fragen, wo seine politische Verantwortung sei, und entsprechende Themen aufwerfen. (Abg. Mag. Mühlbachler: Richtig! Das ist verantwortungsvoll!) – Selbstverständlich darf er das, das muß sogar jeder Abgeordneter, es ist seine Pflicht, auch Ihre als ÖVP-Abgeordnete! Nur scheinen Sie Ihr Pflichtenheft bei Ihrem Klubobmann abgegeben und völlig vergessen zu haben, welchen Eid Sie geleistet haben, als Sie in dieses Haus gekommen sind. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum. – Abg. Mag. Mühlbachler: Sie wollen ja nur schreien!)


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