Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 145. Sitzung / 20

Es liegt also an Ihnen: Wenn Sie heute keine Dringliche Anfrage einbringen – ich sichere Ihnen zu, wir bringen auch keine ein –, wird dieser Bericht heute zu einem Zeitpunkt diskutiert, zu dem Sie als kleine Fraktion ihn diskutiert haben wollen.

Da es bei Einwendungsdebatten keine tatsächlichen Berichtigungen gibt, muß ich, Herr Präsident, mit Ihrer Genehmigung auf die Anschuldigung des Herrn Stadler betreffend Parteiakademie der ÖVP, sie sei gestohlen, wie folgt antworten: Die Parteiakademie der ÖVP liegt auf den sogenannten Springer-Gründen, die der Baronin Rothschild gehört haben. Diese Springer-Gründe wurden zwangsgeraubt, man nennt das "Arisierung". (Abg. Dr. Haider: Gestohlen!) In der nationalsozialistischen Zeit hat es dort eine Gauschule gegeben. (Abg. Mag Stadler: Gestohlen! – Abg. Dr. Haider: Gestohlen habt ihr es!) Im Jahre 1945 wurden sie in die öffentliche Verwaltung, an die Stadt Wien, übertragen. Die Stadt Wien hat dort ein Studentenheim bis in das Jahr 1947 betrieben. 1947 wurde das Rückstellungsverfahren abgeschlossen, und die Baronin Rothschild, eine Tochter der Springer-Erben, hat dieses ganze Besitztum im Jahre 1953 an den Verein "Wiener Volksheime" verkauft.

Der Verein "Wiener Volksheime" hat das bis zum Jahre 1974 verwaltet (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Wabl), und 1974 hat die Parteiakademie – das war alles freiwillig (Abg. Wabl: Alles freiwillig?!) – der Österreichischen Volkspartei (Abg. Wabl: Seit 1947 alles freiwillig, Herr Khol?! – Abg. Dr. Fekter: 1953!) vom Eigentümer Verein "Wiener Volksheime" diesen Grund gekauft. (Abg. Dr. Haider: ... und die Krauland-Akten aus dem Ministerium entfernt!)

Das heißt also, diese Ausführungen waren absolut unrichtig und eine vorsätzliche Unwahrheit (Beifall bei der ÖVP), weil Herr Stadler genau weiß, daß es so ist (Abg. Dr. Haider: Wo sind denn die Krauland-Akten, die ihr aus dem Ministerium entfernt habt? – weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen): Rückgestellt nach dem Rückstellungsgesetz, verkauft – und zwar nicht 1947, sondern 1953 – und von der Politischen Akademie 1974 gekauft. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

9.21

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wabl. Gleiche Redezeit. – Bitte. (Abg. Dr. Haider: Was sind die Akten aus dem Krauland-Ministerium? Weggeschafft! – Abg. Dr. Haider – zu einem Abgeordneten der ÖVP –: Geh doch hinaus, wenn du dich traust!)

9.21

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die ÖVP und die SPÖ lieben es seit längerem, Causen, die sie in der Öffentlichkeit nicht diskutieren wollen, auf der Tagesordnung sehr weit hinten zu reihen. Das ist an sich nichts Neues in der "Qualität" der demokratischen Kultur der ÖVP und ihres Koalitionspartners.

Es ist nichts Neues, daß Anträge, die von der Opposition kommen, schubladisiert werden, nicht behandelt werden, ein Ergebnis zweiter und dritter Klasse bekommen. Das alles ist nichts Neues, meine Damen und Herren.

Neu ist allerdings die "Qualität", die uns Herr Khol hier darbietet, indem er meint, die Opposition könnte doch auf ihre parlamentarischen Rechte verzichten. Dann könnten wir die Dinge statt um Mitternacht vielleicht schon um 22 Uhr behandeln! Er meint, wir könnten die Debatten hier vielleicht etwas rascher abführen, es habe ja ohnedies keinen Sinn zu diskutieren, denn es sei doch ohnehin schon alles ausgemacht.

Der Höhepunkt darin, wie die ÖVP parlamentarische Kontrolle, parlamentarische Debatten und demokratische Auseinandersetzungen kommentiert, ist allerdings in den letzten Tagen von seinem obersten Parteikollegen beigetragen worden.

Frau Kollegin Schmidt hat schon von der ungeheuerlichen Tatsache gesprochen, daß Minister dieser Republik offensichtlich meinen, sie könnten Akten mit nach Hause nehmen. An diesem Vorgang gabt es Kritik seitens der Opposition. Was aber sagte unser "herziger" Außenminister


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite