Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 146. Sitzung / 37

Was unseren jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern von Nationalsozialistinnen und Nationalsozialisten angetan wurde, können wir nicht wiedergutmachen, aber wir müssen uns damit auseinandersetzen und das tun, was wir tun können, um Unrecht als Unrecht zu brandmarken und um Folgen des Unrechtes zu lindern. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Vor allem und für alle gilt: Unrecht kann nicht durch Zeitablauf zu Recht werden. Das gilt nicht nur für die Opfer der Shoa, nicht nur für die anderen Opfer des Nationalsozialismus, sondern das gilt für alle. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger wurden in der Zeit des Nationalsozialismus an Leib und Leben verletzt und beraubt. Aber auch nach dem Ende des NS-Terrors wurden in der jungen Zweiten Republik Fehler gemacht, aus welchen Gründen immer und von wem immer, und auch das müssen wir heute als Abgeordnete einer älter gewordenen Zweiten Republik anerkennen.

Heute kommen wir erneut unserer Verantwortung nach und setzen – ich habe es schon gesagt – zwei kleine Schritte. Der erste Schritt ist, daß wir den Gegenwert für Gold, das uns rechtens zusteht, in Höhe von 100 Millionen Schilling für Härtefälle von Opfern des Nationalsozialismus bereitstellen, Härtefälle, die durch die Maschen des Gesetzes fielen. Das ist der eine Schritt.

Der andere Schritt ist folgendes: Wir geben Kunstobjekte Menschen, die vom Nationalsozialismus beraubt wurden, zurück, Kunstobjekte, die zwar nach dem Krieg diesen Menschen zurückgestellt wurden, wovon aber Teile in der Republik verblieben und zum Eigentum der Republik gemacht wurden. Man hat den Opfern dieses Raubes ihre rückgestellten Kunstobjekte zwar gegeben, aber um sie ins Ausland exportieren zu können, mußten sie Teile der Republik schenken. Dieses damals gesetzmäßige, aber nach unserem heutigen Verständnis unrechtmäßige Vorgehen wollen wir nun korrigieren.

Es soll festgehalten werden, daß wir alle unsere Galerien und Museen, alles, was im Eigentum der Republik steht, dahin gehend durchforsten, ob es Kunstobjekte gibt, die zweifelhafter Herkunft sind, die abgepreßt wurden, die geraubt wurden oder die durch Ausnützung eben dieses sogenannten Ausfuhrverbotsgesetzes im Lande blieben, damit die rechtmäßigen Eigentümer andere Kunstobjekte ins Ausland ausführen durften. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Frau Bundesministerin Gehrer hat die sogenannte Provenienzforschung angeordnet, ohne von irgend jemandem gedrängt worden zu sein, sie hat, ihrer Ministerverantwortlichkeit und ihrem Unrechtsbewußtsein folgend, eine Provenienzforschung angeordnet, die alle in ihrer Verwaltung stehenden, aber auch die in der Verwaltung von anderen Ministerien stehenden Kunstsammlungen betrifft, um deren Herkunft zu klären und um dann, wenn unser Gesetz heute angenommen wird, diese unrechtmäßig erworbenen Kunstobjekte den Eigentümern oder ihren Erben schnell und unbürokratisch zurückzustellen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich danke Frau Ministerin Gehrer und Herrn Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger, die gemeinsam mit den Klubs und mit dem Nationalrat sehr schnell diese Gesetze ausgearbeitet haben und das an sich schwerfällige Verfahren zur Rückgabe beziehungsweise zur Hingabe von Bundesvermögen, wo es an sich jedesmal, für jeden einzelnen Gegenstand eines eigenen Gesetzes bedürfte, mit uns gemeinsam beraten und dieses Gesetz ermöglicht haben, das unter Wahrung rechtsstaatlicher Kriterien eine schnelle Ausforschung und eine schnelle Rückgabe dieses unrechtmäßigen Gutes ermöglicht. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bedanke mich auch bei allen Fraktionen, denn diese Gesetze werden einstimmig beschlossen, einer Tradition folgend, die wir begründet haben, als wir den Nationalfonds der Republik eingesetzt haben, und wo alle Fraktionen, obwohl viele anderer Meinung gewesen wären, grundsätzlich dieser Regelung zugestimmt haben.

Was geschieht genau, meine Damen und Herren, was ist das Gold, das Raubgold? – Das Raubgold ist nicht Gold, das unseren jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern geraubt wurde,


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