Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 146. Sitzung / 47

hat, daß der Begriff "Straflager" für Konzentrationslager zulässig sei, hat schon eine besondere Frivolität. (Beifall beim Liberalen Forum, bei SPÖ und ÖVP.)

Ich will mich damit gar nicht näher auseinandersetzen, weil jene, die hier sind, wissen, wovon ich rede, und ich hoffe, auch über dieses Haus hinaus weiß man, wovon ich spreche. (Abg. Dr. Graf: Das war doch Kostelka in der "ZiB 3"!)

Ich glaube, daß die drei Vorlagen, die jetzt behandelt werden, ein Beitrag zur Aufarbeitung eines blinden Flecks unserer Geschichte sind. Franz Rauscher hat es als "Schandfleck unserer Geschichte" bezeichnet. Ich meine damit nicht die Vorkommnisse oder die Tatsache, daß es Österreicherinnen und Österreicher zugelassen haben und aktiv daran beteiligt waren, daß sich ein verbrecherisches Regime festsetzen konnte – ein verbrecherisches Regime, zu dessen Zielen es auch gehört hat, Menschen systematisch umzubringen. Ich finde dafür auch gar nicht das richtige Wort. Ich glaube, daß unsere Sprache nicht ausreicht und daß all die Worte, die dafür gefunden werden, nur Hilfsworte sind.

Ich denke doch, daß sich die Mehrheit darüber einig ist und daß von diesem Pult aus keine neuerlichen Bekenntnisse abgelegt werden müssen. Diese sind ein Selbstverständnis. Als "blinden Fleck" oder auch "Schandfleck" bezeichne ich jenen Umstand, wie Österreich mit moralisch verwerflichen Dingen umgegangen ist, die durchaus zugegebenermaßen von einer Mehrheit erst im nachhinein als verwerflich erkannt wurden, aber auch jenen Umstand, wie Österreich mit jenen Dingen umgeht, deren Verwerflichkeit schon zum Zeitpunkt des Setzens der Tat ersichtlich war, und – das ist ein wesentlicher Punkt – in welchem Maß Österreich bereit ist, sich all diesen Fragen zu stellen, und mit welcher Offenheit und mit welcher Großzügigkeit dies passiert. Das ist für mich der Gegenstand dieser drei Punkte, die wir heute beraten und beschließen werden.

Ich anerkenne diese drei Vorlagen als einen wichtigen Schritt. Ich gebe auch Klubobmann Khol durchaus recht, wenn er meint, daß das Unrechtsbewußtsein gestiegen ist, aber in einem gebe ich Ihnen nicht recht: Ich habe nämlich durchaus den Eindruck, daß das, was wir heute beschließen, sehr wohl durch Druck in die Wege geleitet wurde – ich werde darauf zurückkommen, was ich darunter verstehe –, daß es zu spät – darin werden wir uns einig sein – in die Wege geleitet wurde und daß diese Schritte – darüber werden wir uns vielleicht nicht einig sein – meiner Meinung nach zu verkrampft und zu ängstlich sind.

Die achtziger Jahre können, sagen wir es einmal so, als "Waldheim-Jahre" bezeichnet werden, und ich hoffe doch, daß jedenfalls die politisch Verantwortlichen überwiegend daraus gelernt haben. Die neunziger Jahre, die als die Bedenkjahre bezeichnet werden können, sollten jene Jahre sein, in denen auch die Schlußfolgerungen gezogen werden. Der Nationalfonds ist ein richtiger, positiver, auch wirksamer erster Schritt – auch dazu, wie dieses Gesetz gehandhabt wird. Ich halte ihn für richtig, und daran gibt es auch aus oppositioneller Sicht nichts zu kritisieren.

Der zweite Schritt ist jener, den wir heute beraten, bei dem es auch um die Restitution geht. Der dritte Schritt, der auch notwendig wäre, ist noch völlig offen, nämlich wie wir damit umgehen, daß sich Österreicherinnen und Österreicher an der Zwangsarbeit bereichert haben. Es ist zu wenig, dieses Problem nur als Überschrift in den Raum zu stellen. Und ich habe noch nicht erkannt, welche konkreten Ansätze von den Regierungsfraktionen – wir sind bereit, daran mitzuarbeiten – dazu gefunden wurden. Da haben wir noch einen blinden Fleck, einen Schandfleck vor uns, für den die Problemlösung für mich noch nicht absehbar ist.

Was den Kunstraub betrifft, so stimme ich Abgeordnetem Khol nicht zu, wenn er sagt, Sie, Frau Bundesministerin, hätten – ich anerkenne auch alles Positive von Ihnen, aber dies ist einfach zu viel des Lobes für Sie –, ohne von jemandem gedrängt worden zu sein, aus eigenem Bewußtsein heraus diese Schritte gesetzt. Das ist bitte schlicht und einfach nicht objektivierbar. Das mag eine Sicht der ÖVP sein, und das verstehe ich durchaus, aber ich möchte es von diesem Rednerpult aus doch klarstellen. Ich weiß es unter anderem auch deswegen, weil wir in einer parlamentarischen Anfrage darauf reagiert haben, nämlich konkret auf einen Artikel im "Standard" von Thomas Trenkler vom 14. Feber, in dem er sich mit einem Jubiläumsband des


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