Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 146. Sitzung / 60

Wir Freiheitlichen treten daher dafür ein, daß die Wiedergutmachung auch allen in entsprechender Weise zugute zu kommen hat. Es geht nicht nur darum, Lücken zu schließen, wo es noch welche zu schließen gibt. Es geht auch darum, daß man in die Richtung denkt und in der Richtung handelt, in der auf diesem Sektor wirklich noch wenig geschehen ist.

Ich darf zum Beispiel in Erinnerung rufen – weil Sie bezweifeln, daß das Opfer sind –, daß ich dieser Tage gelesen habe, daß es einen bemerkenswerten Fall in einer tschechischen Stadt gibt, wo eine alte Frau nun ihre Wohnung verlassen wird müssen. Das Haus, in dem sich ihre Wohnung befindet, ist im Jahre 1945 "tschechisiert" worden. Aus Gründen, die heute nicht mehr nachvollziehbar sind, hat sie aber damals mit ihrer Familie das Haus nicht verlassen müssen. Sie hat es aber weder vor der Wende noch nach der Wende zurückbekommen, was eigentlich selbstverständlich gewesen wäre. Aber jetzt wird dieses Haus an Dritte verkauft. Und die Dritten schmeißen sie aus ihrem Haus hinaus. (Ruf bei den Freiheitlichen: Ungeheuerlich!) Ja, das ist ungeheuerlich!

Wir Freiheitlichen haben daher einen Abänderungsantrag eingebracht, der zum Gegenstand hat – er ist vervielfältigt und verteilt worden –, daß es uns dem Umfange nach, den Betroffenen nach, den Adressaten nach zuwenig ist, was die Regierungsvorlage verlangt. Wir wollen, daß die direkten Opfer und die indirekten Opfer des Nationalsozialismus von diesem Gesetz umfaßt werden. Wir wollen, daß durch dieses Gesetz alle, die durch das verbrecherische Regime des Nationalsozialismus direkt oder indirekt zu Schaden gekommen sind, entsprechende Vorteile, entsprechende Gesten, wenn Sie wollen – ich habe diesen Ausdruck gehört – auch Wiedergutmachung, aus diesem Fonds bekommen können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich halte dieses unser Wollen nicht für Aufrechnung. Aufrechnung ist nicht erlaubt, aber es ist ein Lieblingsausdruck von Leuten, die nicht wollen, daß Gerechtigkeit geschieht. (Abg. Dr. Nowotny: Aber das tun Sie! Das ist es, was Sie machen!) Ja, ich möchte Gerechtigkeit. (Abg. Dr. Nowotny: Das wollen wir auch!) Der Antrag ist daher logisch, er ist konsequent und er ist gerecht. (Abg. Dr. Nowotny: Gerechtigkeit wollen wir auch!) Und weil Sie das wissen und weil Ihnen das nicht paßt, sagen Sie, man darf nicht aufrechnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Wir wollen, daß alle Opfer des Nationalsozialismus zum Zug kommen – nicht nur die, die Ihnen passen, Herr Kollege! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Nowotny: Was heißt "Ihnen passen"? Das ist unerhört!)

12.08

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Abänderungsantrag, den Herr Abgeordneter Dr. Ofner in seinen Grundzügen vorgetragen hat, ist gemäß § 53 Abs. 4 der Geschäftsordnung wegen seines Umfanges im Saal verteilt worden. Er ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Ofner, Dr. Graf, Mag. Haupt und Kollegen zum Antrag des Verfassungsausschusses betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus geändert wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Vorlage in der Fassung des Ausschußberichtes (1469 der Beilagen) wird wie folgt geändert:

Das Bundesgesetz über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus, BGBl. Nr. 432/1995, wird wie folgt geändert:

1. Die Überschrift lautet:


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