Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 152. Sitzung / 26

sem Schwarzbau verteilen, meine Damen und Herren, im Wissen, daß ein Arbeitsplatz auf der grünen Wiese drei Arbeitsplätze in den Mittelstandsbereichen vernichtet! – Also so eine Rechnung würde ich als Sozialdemokrat nicht aufmachen!

Meine Damen und Herren! Das ist billiger Populismus! Das werfen Sie uns immer vor. Ich sage Ihnen: Das, was sich in Salzburg zurzeit tut – Buchleitner, Schausberger –, ist billiger Populismus und leistet dem Gesetzesbruch Vorschub, meine Damen und Herren. Dem werden wir Freiheitlichen nicht zustimmen. Wir sind für eine ehrliche Nahversorgungspolitik mit Ecken und Kanten – aber nicht für Manchester-Liberalismus und für Gesetzesbruch. Da können wir auf keinen Fall zustimmen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

9.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser. – Bitte.

9.40

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Daß Ihnen erst heute in der Früh das Thema Nahversorgung unter den Nägeln brennt, kommt reichlich spät. Eigentlich hätten schon längst, nämlich schon vor 20 Jahren, die Alarmsignale schrillen müssen.

Herr Minister! Sie haben vor einem Jahr eine Novelle zum Einkaufszentrengesetz vorgelegt, die der Errichtung weiterer Einkaufszentren künftig einen Riegel vorschieben soll. Dies haben Sie getan, weil die Nahversorgung jetzt bereits zusammenbricht, weil die Nahversorgung sukzessive über zehn Jahre, ich will sogar sagen, über 20 Jahre hinweg ausgehöhlt worden ist. Sie haben jetzt versucht, einen letzten Rettungsanker zu werfen. Dafür danke ich Ihnen. Bitte, lassen Sie nicht zu, daß diese Novelle wieder liberalisiert wird. Aber Sie haben den Rettungsanker viel zu spät geworfen. Sie von der ÖVP und Sie von der SPÖ haben bereits jahrelang an der Nahversorgung "gesägt".

Inwiefern? – Erstens: Die Raumordnung in den Ländern, in den Gemeinden war extrem nahversorgungsfeindlich, weil die Bürgermeister – sprechen wir es offen aus – die Steuern von den Supermärkten kassieren wollten. Die Bahn war frei für Großmärkte, weil sie Geld in die Gemeindekassen brachten. Die Bahn für die Nahversorgung war verstellt, und die Schranken gingen runter. Dabei wissen wir, daß die Nahversorgung einen sozialen und kommunikativen Aspekt hat und vor allem auch verkehrspolitisch und im Hinblick auf die allgemeine Versorgung wesentlich günstigere Strukturen bietet als ein Einkaufszentrum. Da liegt der Hase im Pfeffer! In der Frage der Raumordnung hätte rechtzeitig gehandelt werden müssen. Das ist der eine Punkt.

Der zweite Punkt: Sie haben ganz korrekt festgestellt, Herr Minister, die Konsumenten könne man nicht zwingen, die Konsumenten entscheiden selbst. Die Konsumenten fahren dorthin, wo es billiger ist und sie leicht einen Parkplatz finden. Die Rahmenbedingungen dafür schaffen Sie! Die Konsumenten würden viel lieber "ums Eck" einkaufen, wenn es dort noch das Angebot gäbe. Dieses Angebot hat es früher auch gegeben. Der "Einkauf ums Eck" ist nämlich weniger zeitaufwendig und auch sozial interessanter. Er hält sozusagen auch nachbarschaftliche Beziehungen aufrecht.

Aber dieser "Einkauf ums Eck" wurde durch eine Verkehrs- und Raumordnungspolitik untergraben, die immer wieder die Großbetriebe, die Großeinkaufszentren bevorzugt. Sie haben nicht dafür gesorgt, daß die Einkaufszentren auch für die Schaffung der notwendigen Infrastruktur zahlen, wie es einer tatsächlichen Kostenwahrheit entsprechen würde, und dann eben auch zum Beispiel die Kosten für die Zufahrtswege und das Parkplatzangebot in ihre Preiskalkulationen mit einbeziehen.

Ich habe hier und heute gehört, das Kartellrecht sei längst novellierungsbedürftig. Es müßte tatsächlich etwas unternommen werden, damit nicht mit Angeboten zu Dumpingpreisen der Nahversorgung die Existenzgrundlage entzogen wird.


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