Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 154. Sitzung / 151

archivgesetz, das vorsieht, daß nicht nur im Einzelfall eine Unterstützung geboten wird, weil es so etwas wie einen gemeinsamen politischen Willen gibt, sondern das klar für alle Zukunft regelt, wie die Voraussetzungen zu sein haben. Das ist ein Auftrag, den uns die Historikerkommission beziehungsweise die damit zusammenhängende Diskussion implizit mit auf den Weg gibt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist das letzte, was ich Ihnen dazu sagen wollte: In der Beilage zur "Wiener Zeitung" habe ich gelesen: Der Nationalrat zieht mit dem Beschluß des Rückstellungsgesetzes den Schlußstrich unter die Raubkunst-Diskussion. – Wenn das hier im Raum wirklich jemand glaubt, dann täuscht er sich gewaltig, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nicht Schlußstriche wurden in den letzten Monaten und Tagen gezogen, sondern Diskussionen wurden eröffnet, Arbeitsprozesse und Forschungsvorgänge sind initiiert und begonnen worden. Nichts geht von allein, sondern alles braucht Druck und politischen Willen.

Das ist es, was der Nationalrat mit dieser kleinen, im wesentlichen ja nicht vielsagenden Entschließung zum Ausdruck bringen soll, aber das legistische Vorhaben liegt tatsächlich noch vor uns, und dazu bedarf es Initiativen. Das ist es, was wir dem Herrn Staatssekretär auf den Weg mitgeben möchten: Herr Staatssekretär, das Bundeskanzleramt ist da gefordert, Vorschläge zu erarbeiten und dem Nationalrat vorzulegen. Das können nicht die einzelnen Fraktionen machen. Das Parlament hat ja nicht einmal einen legistischen Dienst. Sie sind hier aufgerufen, und daher ersuchen und bitten wir Sie, über diesen Fünf-Parteien-Antrag hinaus aktiv zu werden. Es wird niemand eine Mutter- oder Vaterschaft beanspruchen, wenn es der Sache dienlich ist, aber festgehalten werden muß, daß die Opposition diejenige war und immer noch ist, die in dieser Frage die treibende Kraft ist, und das ist wesentlich.

Sie sind diejenigen, die es mit Ihren Mitteln, mit Ihren Ressourcen, mit dem gesamten Brain in der Hand haben, das auch tatsächlich zu tun, und das ist wirklich eine ernsthafte Sache. Die über 30 000 Hermann-Göring-Werke-Akten zeigen, wie notwendig es ist, dafür zu sorgen, daß nicht irgendwo etwas verschwindet, in letzter Sekunde vernichtet wird oder daß man – Stichwort Vermögensverkehrsstelle im Staatsarchiv – in Schachteln hineinschaut, bevor man sagt: Wir wissen alles, beziehungsweise wir können nichts sagen, weil wir noch nie nachgefragt haben, weil es keine gesetzliche Grundlage dafür gegeben hat! Jetzt muß alles auf den Tisch! Diese Zeit ist jetzt wirklich gekommen! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Smolle.)

19.05

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt jetzt noch eine Wortmeldung der Frau Abgeordneten Dr. Gabriela Moser vor. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

19.06

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Bezeichnenderweise findet heute hier und jetzt, genau einen Tag nachdem 38 000 neue Akten gefunden wurden, der Beschluß statt, daß geforscht, daß aufgearbeitet, daß endlich Gewissen erforscht werden soll. Das ist sehr bezeichnend. (Abg. Koppler: Sie haben nichts dazu beigetragen, daß diese Akten gefunden wurden! Null!)

Bezeichnend ist auch, daß Österreich in der Aufarbeitung seiner Geschichte leider auch im internationalen Trend liegt. Die Schweiz ist uns nur knapp voraus. Deutschland ist ungefähr auf derselben Ebene wie wir. Es hat in Mitteleuropa leider an die 50, 60 Jahre gedauert, bis man nachgefragt hat, bis man aufgestöbert hat, bis man fündig wurde. Das ist ein mitteleuropäisches Defizit. Österreich ist in diesem Bereich leider im Einklang mit seinen Nachbarstaaten.

Bezeichnend ist für mich auch, daß eine Historikerkommission von Amts wegen eingesetzt wird, um punktuell nachzuforschen, punktuell Aufklärung zu schaffen, punktuell endlich das ans Tageslicht zu bringen, was Teile der Bevölkerung an sich schon lange wußten. Über die Zusammensetzung dieser Kommission ist ja in den Medien eifrig diskutiert worden. Es gibt da ein kleines großkoalitionäres Ergebnis: Es wurden keine Kapazitäten berufen, es wurde nur ein internationaler Vertreter in diese Kommission entsandt, und zwar ein internationaler Vertreter, der einen sehr guten Ruf hat und auf seinem Gebiet wirklich eine Kapazität ist. Es wäre not


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