Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 162. Sitzung / 193

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist der Herr Bundesminister für Justiz. – Bitte, Herr Bundesminister.

20.00

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dazu befragt, daß in Österreich als zentrale Behörde die neun Landesregierungen genannt sind, antworte ich: Das entspricht der österreichischen verfassungsrechtlichen Kompetenzsituation, weil die Landesregierungen die Träger der Jugendwohlfahrt für ihr Bundesland sind. (Zwischenruf der Abg. Motter.) Für eine Verfassungsänderung bin ich nicht zuständig und sind die Länder auch nicht zu haben. Die zentrale Behörde muß – auch darüber ist heute gesprochen worden – durchaus nicht alle Aufgaben selbst erfüllen. Sie kann sich dabei auch anderer staatlicher Stellen, etwa der Jugendämter, oder auch anderer privater Organisationen, die sie landesrechtlich zuläßt, bedienen.

Daß wir einen gewissen Beobachtungszeitraum bis zum Vorschlag der Ratifizierung verstreichen ließen, habe ich im Ausschuß damit begründet – ich möchte das hier wiederholen –, daß durch diese neuen Bestimmungen die traditionellen internationalen Adoptionen sozusagen aus den europäischen Kernländern nunmehr einer gewissen Bürokratisierung unterworfen werden und daher beobachtet werden sollte, welche praktischen Auswirkungen die Anwendung dieses Übereinkommens bei jenen Ländern, die es ratifizieren, hat; außerdem wird dieses Übereinkommen auch von den Herkunftsländern in entsprechendem Ausmaß ratifiziert.

Ich darf darauf hinweisen, daß derzeit von den namhaften europäischen Ländern nur die Niederlande und Frankreich eine Ratifizierung vorgenommen haben, insbesondere unsere unmittelbaren Nachbarländer Deutschland, Schweiz und Italien eine Ratifikation aber noch nicht vorgenommen haben. Ich glaube aber, daß vor allem die Erfahrungen mit Rumänien – auch wenn die Verfahren, wie wir gehört haben, im Einzelfall positiv erledigt werden konnten – gezeigt haben, daß es sinnvoll ist, besonders im Hinblick auf die Vielzahl von Adoptionen aus entfernteren Herkunftsländern den Weg dieses Übereinkommens zu gehen und bei internationalen Adoptionen aus den europäischen Nachbarländern eher eine gewisse Bürokratisierung durch dieses Übereinkommen in Kauf zu nehmen. – Danke sehr. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

20.03

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.03

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Ausschuß haben schon alle Fraktionen ihre Zustimmung zu diesem Haager Übereinkommen erklärt, wie dies auch heute der Fall sein wird.

Mir ist es ein Bedürfnis, hier nur etwas zu der Problematik zu sagen, warum Adoptionen über die Staatsgrenze hinweg immer bedeutsamer werden, und zu dem Argument, daß es so schwierig ist, in Österreich zu einem Adoptivkind zu kommen, weil die Anmeldefristen so lang und die Auflagen so groß seien und so weiter. – Das ist eine Tatsache, die wirklich zutrifft. Sie ist aber zum Teil auch dadurch bedingt, daß dieses föderative Prinzip – da hat jetzt Ihre Beantwortung auf die Ausführungen von Kollegin Motter schon einiges vorweggenommen – natürlich mit einem Abkommen dieser Art nicht aufgehoben werden kann. Und wenn die Jugendwohlfahrtsträger heute in den jeweiligen Ländern residieren und auch die Länderkompetenz so festgelegt ist, dann bedürfte das einer weit größeren Umstrukturierung.

Nichtsdestotrotz meine ich, daß der Nationalrat Verantwortung für dieses, gesellschaftlich betrachtet, ernsthafte Problem hat, warum es einen so großen Mangel an beziehungsweise eine so große Nachfrage nach Babys gibt, die in Österreich adoptiert werden könnten. Ich meine, daß es nicht nur an den Schikanen durch die Bürokratie liegt, sondern daß das eine Frage des gesellschaftlichen Bewußtseins ist. Es ist für eine Frau unglaublich schwierig, sozusagen die


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