Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 168. Sitzung / 51

angriff und Rasterfahndung geführt hat. Sie sind noch nicht verantwortlich dafür, was dieses Haus mit dem merkwürdigen Sicherheitspolizeigesetz und mit jenen Befugnissen beschließen wird, die Sie sich für Ihre Polizei wünschen. Noch sind Sie das nicht direkt. Aber für etwas sind Sie verantwortlich: nämlich für die Praxis und für den Vollzug dieser Bestimmungen! (Abg. Marizzi und Reitsamer: Für den Gemeindekotter?)

In bezug auf diese politische Verantwortung, frage ich Sie, Herr Minister: Wo fängt sie bei Ihnen an? Dort, wo Sie selbst Hand anlegen?

Ich will nicht die Sache vergleichen, ich will nur den Maßstab vergleichen, weil mir die fatale Assoziation zu einem Zitat des Michael Graff im Zusammenhang mit Waldheim, wie er Verantwortung gemessen hat, gekommen ist. So ähnlich kommt mir das auch vor, wenn Sie sagen oder wenn Ihr Parteifreund Zilk sagt, erst dann wäre er politisch verantwortlich, wenn er selbst dafür ist. Gerade, daß er sie nicht selbst in der Tasche führen muß! Dazu muß ich sagen: Das ist nicht das Kriterium für politische Verantwortung, jedenfalls nicht jenes, das wir Liberale anlegen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Ich frage Sie, Herr Minister: Haben Sie sich nie Gedanken darüber gemacht, wie Ihre Beamten denn mit Menschen umgehen – egal, ob das Schubhäftlinge oder Straffällige sind –, wenn sie sich widersetzen, wenn sie renitent sind? Haben Sie nie darüber nachgedacht, mit welchen Instrumenten sie glauben, dann vorgehen zu müssen? Haben Sie sie denn nie gefragt? Haben Sie nie mit Ihren ausländischen Kollegen darüber geredet, wie die das machen? Haben Sie sich nie darüber gewundert, daß die Deutschen eine ganz andere Abschiebepraxis haben als wir? Welche Schlußfolgerungen haben Sie daraus gezogen?

Wie beschäftigen Sie sich eigentlich mit Ausschüssen, mit Vorlagen und mit Ausschußberichten zum Beispiel des Europäischen Parlaments oder internationaler Kommissionen, zum Beispiel jenen zur Verhütung von Folter? Sie wissen, daß es dazu einen Bericht gibt, der das österreichische System schwer angreift. Ist das für Sie alles nur Makulatur? Sagen Sie, das war in der Zeit meines Vorgängers, das interessiert mich nicht? Oder verstehen Sie politische Verantwortung nicht so, daß Sie genau diesen Grundsätzen nicht nur selbst gefälligst zu entsprechen haben, sondern auch Ihren Apparat in diese Richtung zu erziehen haben und ihm Hilfestellung geben müssen? (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Wem gegenüber verstehen Sie eigentlich Ihre politische Verantwortung? – Ihrem Parteivorsitzenden gegenüber, dem Herrn Klima, dem Sie großzügig Ihren Rücktritt anbieten? Oder ist politische Verantwortung etwas, was Sie dieser Volksvertretung gegenüber wahrzunehmen haben? – Diesem Haus haben Sie Ihren Rücktritt jedenfalls nicht angeboten. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Abg. Parnigoni: Wir hätten das auch nicht angenommen!)

Daher, Herr Bundesminister, wundert es mich ja nicht, daß Sie einen derartigen Schulterschluß mit der FPÖ haben, und zwar nicht nur in den Inhalten, in denen ich immer mehr Übereinstimmung zwischen dem Sozialdemokraten Schlögl und dieser FPÖ sehe, sondern offenbar auch in Ihren Maßstäben, wem gegenüber Sie verantwortlich sind. Denn die Freiheitlichen haben auch ihr eigenes System, die schaffen sich ja neben der bestehenden Rechtsordnung auch ihre eigene (Abg. Scheibner: Nein!) und haben daher ein merkwürdiges Ehrengericht und ähnliches. (Abg. Scheibner: Nein, kein Parteigericht! Das ist kein Parteigericht!) Sie bieten auch Ihrem Parteivorsitzenden Ihren Rücktritt an.

Ist das Ihre Vorstellung von politischer Verantwortung? – Dann, muß ich sagen, wundert es mich nicht, daß Sie mit dieser Freiheitlichen Partei so konform gehen, sondern es ist auch verständlich, daß Sie auch mit der "Kronen Zeitung" so konform gehen.

Jetzt muß ich Ihnen folgendes sagen, Herr Minister, als jemandem, der von der "Kronen Zeitung" profitiert, die die Sache auf den Punkt bringt, wenn der Herr Staberl fragt: "Stehen jenen, die sich um die Rechtsstaatlichkeit keinen Deut scheren, die Benefizien eines von ihnen so deutlich abgelehnten Rechtsstaates wirklich voll und ganz zu?" und der damit eine Kernfrage eines Rechtsstaates berührt, der damit sagt, die haben gefälligst vogelfrei zu sein: Auf diese Unterstützung sind Sie stolz? Sie sind stolz auf eine "Kronen Zeitung", die nach diesem – Sie


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite