Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 180. Sitzung / 33

hen. Wissen Sie, daß die Montanuniversität Leoben im Begutachtungsverfahren keine Stellungnahme abgegeben hat? Während des ganzen rund zweimonatigen Begutachtungsverfahrens hat sie sich nicht gerührt – mit keinem Satz! Erst gegen Ende haben wir eine kurze Stellungnahme zur Regierungsvorlage bekommen. (Abg. Dr. Graf: Sie nehmen sowieso keine Rücksicht auf die Begutachtung!) Jetzt, da es zu spät ist, haben wir eine Fülle von Serienbriefen, von Kettenbriefen bekommen – und nun dieses Inserat. Das nehme ich nicht ernst. Wenn sich jemand in solch einen Diskussionsprozeß nicht rechtzeitig einzubringen weiß, nicht weiß, wie in Österreich ein Begutachtungsverfahren läuft, dann hat er auch nicht das Recht, mit solchen Aussagen am Schluß der Diskussion noch wirklich ernst genommen zu werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Ergebnis dieses Gesetzes ist im Sinne des bisherigen Prozesses, nämlich die Entscheidung dorthin zu verlagern, wo sie mit viel Verantwortung und Sachverstand getroffen werden kann, und zwar zu den Studienkommissionen. Die Studienkommissionen, Kollege Graf, tun genau das, was Sie verlangt haben – nichts anderes. Die Studienkommissionen entscheiden, ob sie beim zweigliedrigen System mit Magister- oder Diplom-Ingenieur-Titel und dem anschließenden Doktoratstudium bleiben wollen, oder ob sie auf das neue dreigliedrige Studium mit Bachelor-, Magister- oder Diplom-Ingenieur-Titel und Doktortitel umstellen wollen. Die Entscheidung liegt bei den Studienkommissionen. Und weil es auch wichtig ist, diesen neuen Abschluß wirklich verantwortungsbewußt zu positionieren, haben wir für die Frage der Akzeptanz dieses Abschlusses auf dem Arbeitsmarkt ein sehr qualifiziertes Gremium vorgesehen, um ein Gutachten abzugeben, nämlich den Beirat für Wirtschafts- und Sozialfragen. (Abg. Dr. Graf: Herr Kollege Niederwieser! Ein Zwischenruf!)

Was spricht nun für dieses Studium? Ich komme gleich auf ... (Abg. Dr. Graf: Um eine Akzeptanz zu erzeugen, muß man eine breite Diskussion abführen!) – Ja, die breite Diskussion hat über ein Jahr lang stattgefunden, Kollege Graf. (Abg. Dr. Graf: Nein!) O ja, sie war sehr breit. Es sind sogar Briefe aus Südamerika, Norwegen und dergleichen gekommen. (Abg. Dr. Graf: Beim UStG 1997 hat es fünf Jahre gebraucht!) Da kann mir niemand sagen, daß keine breite Diskussion gegeben war. Ob man das neue System einführt oder nicht, diese Diskussion muß jetzt noch in den Studienkommissionen erfolgen. Das haben ja nicht wir entschieden, sondern wir räumen nur die Möglichkeit ein, sich für das zwei- oder dreigliedrige Studium zu entscheiden.

Was spricht nun für dieses dreigliedrige Studium? – Es kommt zuerst einmal der Entwicklung entgegen, nicht alles und jeden über einen Kamm zu scheren, sondern viel differenzierter und damit auch viel effizienter auf die individuellen Studienwünsche und auf die Situation auf dem Arbeitsmarkt einzugehen. Das geht mit einem dreigliedrigen Studium besser als mit einem zweigliedrigen Studium. Diese Differenzierung ist ein Kennzeichen der europäischen Entwicklung.

Zweitens: Es gibt den Absolventen früher die Chance, mit einem akademischen Abschluß, der voll der europäischen Anerkennungsrichtlinie für Hochschulstudien entspricht, in den Arbeitsmarkt einzutreten. Wenn das jemand aber nicht will, sondern weiterstudieren möchte, dann kann er auch das uneingeschränkt tun. Er kann – das möchte ich deutlich festhalten – dieses Studium als Magister- und Doktoratstudium weiterführen. Dabei gibt es keine Absicht von unserer Seite, die Familienbeihilfe oder die Studienförderung in irgendeiner Form einzuschränken.

Drittens: Auf der Basis dieser wissenschaftlichen Grundausbildung kann wesentlich differenzierter als bisher auf die stark ausdifferenzierten Ansprüche auf dem Arbeitsmarkt – sei es in Privatunternehmen oder im öffentlichen Dienst – eingegangen werden, wesentlich besser, als das bisher mit dem zweigliedrigen Studium möglich war.

Letztlich kommt dieses dreigliedrige System auch noch einem Trend entgegen, nämlich jenem zum lebensbegleitenden Lernen. Das heißt, man kann nach dem Bachelor-Abschluß, nach einigen Jahren der Berufstätigkeit durchaus an die Universität zurückkehren, in einem Jahr oder zwei Jahren das Magisterstudium und später auch das Doktoratstudium abschließen.

Apropos Berufstätigkeit: Wir verpflichten die Universitäten auch, besser als bisher darauf Rücksicht zu nehmen, daß rund 50 Prozent der Studierenden berufstätig sind, in irgendeiner Form Berufstätigkeit ausüben – aus welchen Gründen auch immer. Die Studierenden können diesen


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