Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 180. Sitzung / 46

Was in Studienangelegenheiten an die Stelle der Gesetzgebung hier im Parlament getreten ist, ist etwas, was ich "Gesetzgebung im Umlaufweg" nennen möchte. Da ist einmal die Studienkommission damit befaßt – darin gibt es wieder verschiedene Gruppen, also geschieht schon einmal intern etwas im Umlaufweg –, dann geht es an die Kammern – das sind in der Regel mehrere –, und dann setzt sich dieser Umlaufweg fort beziehungsweise endet dieser Umlaufweg beim Bundesminister, der das Ganze noch einmal so ein bißchen beobachten soll. Durch diese Gesetzgebung im Umlaufweg sollen offenbar nach Möglichkeit jene eingebunden werden, die bei irgendwelchen Studienplänen mitreden sollen. Ich sage Ihnen, Herr Kollege Lukesch: Hier im Parlament wäre der Ort, um Studienpläne – nicht im Detail –, um Studienordnungen zu erarbeiten! Hier im Parlament sind alle Gruppen der Bevölkerung vertreten, hier könnte man durch Enqueten, ich sage jetzt einmal, alle Rechtsberufe einbinden. Hier wären die grundlegenden Studienvorschriften zu machen, nicht in diesem Umlaufweg!

Um zu sehen, daß es nicht funktioniert, braucht der Herr Minister nur seinen Ministerkollegen Michalek zu fragen, der ja schon gesagt hat, es ist ein Horror, daß es fünf verschiedene juristische Studienordnungen gibt, nicht wahr? Auch die Kammern jammern – gut, das ist wiederum ein Problem für sich: Warum jammern die Kammern, wenn sie doch eigentlich in diesen Umlaufprozeß eingebunden sind? (Abg. Dr. Lukesch: Das ist eine josephinische Einstellung, dieses Jammern! Typischer Josephinismus!) – All das zeigt Ihnen jedenfalls, daß dieser Umlaufprozeß nicht funktioniert. In einem Aspekt will ich dann noch darauf zurückkommen.

Was an dieser Gesetzgebung auch Unbehagen auslöst, ist die Flucht aus dem Parlament durch das, was ich schon skizziert habe, und mit jenen Bestimmungen, durch die die Bundesminister – wie auch in diesem Fall eben der Bundesminister – ermächtigt werden, entweder Bakkalaureat-Studien einzuführen oder Bakkalaureat-Studien einzustellen. Ich frage mich: Wo bleibt da die Universitätsautonomie?

Aber offenbar ist der sachkundige Rat ja gar nicht gewollt, denn die Einschätzung des sachkundigen Rates wird sehr deutlich einerseits durch den Umstand, daß Kollege Niederwieser davon ausgeht, die Montanuniversität hätte keine Stellungnahme abgegeben – das hat sie sehr wohl! –, und andererseits durch die Einschätzung von Herrn Kollegen Lukesch. Es gab hiezu zwei APA-Meldungen fast zur gleichen Stunde: Sie, Herr Kollege Lukesch, haben gesagt, Leoben sei zufrieden, während Rektor Paschen zum selben Zeitpunkt meinte: Nein, er ist nicht zufrieden! (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch.)

Weiters gibt es eine ganze Reihe inhaltlicher Unzulänglichkeiten. Ich will auf diese nicht im Detail eingehen, aber einen Punkt möchte ich doch herausnehmen. Was dieses dreigliedrige Studium betrifft, frage ich mich noch immer: Wer verlangt es denn eigentlich? – Nun wird darauf geantwortet, die Bologna-Erklärung würde es verlangen, es ist das, glaube ich, von Herrn Kollegen Niederwieser heute auch schon gesagt worden. Das ist eine Joint Declaration der European Ministers of Education, eine gemeinsame Erklärung der Minister. Seit wann bitte sind wir im Parlament an Ministererklärungen gebunden? – Ich weiß schon, in der Realverfassung bei großer Koalition sehr wohl, aber an sich doch nicht! Wir sind doch überhaupt nicht an Ministererklärungen gebunden!

Außerdem sind auch die Minister nicht an Deklarationen gebunden. Selbst wenn sie es wären, bitte, hätten die Minister nur folgendes zu machen – ich darf Ihnen diesen Passus noch einmal vorlesen –: "Taking full respect of the diversity of cultures, languages," – no na!, muß man sagen; aber: – "national education systems and of university autonomy." – Ein Zwang, entgegen unserem "national education system" – einem zweigliedrigen Studium – ein dreigliedriges einzuführen, besteht daher überhaupt nicht! Das ist eine Alibi-Ausrede. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zum Schluß möchte ich bei dieser inhaltlichen Kritik noch auf einen Punkt hinweisen. Es ist vom "Bindestrich" bei der Universität gesprochen worden – ich habe dieses Bild im Ausschuß nur gebraucht, um folgendes klarzutun: Es kann sich nun eine Einrichtung, die selbst nur Teile von Studien anbietet – also weniger als eine Fakultät –, Universität nennen, und das ist ein Etikettenschwindel. Das erinnert mich an meine Professur in den Vereinigten Staaten, an der Staatlichen Universität von Kansas – einer Universität mit allen Fakultäten. Damals war meine Neu


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