Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 6. Sitzung / Seite 55

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Es mag zwar sein, dass Sie, Herr Minister Edlinger, die letzten drei Bundesrechnungsabschlüsse für die Jahre 1997, 1998 und 1999 punktgenau getroffen haben, und das ist auch in Ordnung. (Bundesminister Edlinger: Mehr habe ich noch nicht gemacht!) Sie sind aber auch ein hervorragender Rhetoriker, das muss ich Ihnen attestieren. (Abg. Dr. Niederwieser: Ein hervorragender Finanzminister! Sag es doch! Sag es doch!) Daher ist in der Öffentlichkeit der Eindruck entstanden, es sei ohnehin alles in Ordnung. Dieses Kunststück haben Sie auch im Budgetausschuss zusammengebracht.

Es mag sein, dass jetzt die Reformpakete der letzten Jahre zu wirken beginnen, und es ist eben Ihr Glück, dass Sie gerade zu einem Zeitpunkt gekommen sind, zu dem Sie – wie Sie ja auch im Budgetausschuss betont haben – dann zwar für die Budgets der Jahre 1998 und 1999 verantwortlich waren, für jenes von 1997 zum Beispiel schon nicht mehr. Und es war auch Ihr Glück, dass damals andere die Strukturreformen eingeleitet haben und daher besagte Treffsicherheit auch gelungen ist. Damit entstand aber automatisch der Eindruck – und das können wir in der Öffentlichkeit nicht wegdiskutieren –, dass ohnehin alles in Ordnung ist, und der Finanzminister kennt sich aus!

Wenn man nun aber nach dem genauen Aufgabenbereich fragt, so ist zu sagen, dass die Aufgaben eines Finanzministers aus dem laufenden Controlling, dem Budgetvollzug, der Vorschau auf die Zukunft sowie daraus bestehen, dass er auf notwendige strukturelle Maßnahmen aufmerksam macht. Nicht umsonst hat sich die SPÖ bei den Regierungsverhandlungen dermaßen geweigert, dieses Ministerium abzugeben. Warum? – Weil es eben das wichtigste Ministerium ist, weil es ein Ministerium ist, das sehr wohl auch auf die anderen Ressorts großen Einfluss hat.

Wenn ich mir die Presseberichte der letzten Wochen und Monate ansehe, dann gibt es für mich nur zwei Schlussfolgerungen – auch wenn Sie es jetzt drehen und wenden, wie Sie wollen, und sagen, Sie hätten immer nur behauptet, dass 20 Milliarden Schilling fehlen, es komme nur darauf an, ob man Rücklagen auflöst, ob man den Überschuss aus dem Familienlastenausgleichsfonds einbezieht, ob man andere Vorzieheffekte vollzieht und so weiter, irgendwie kommt man immer zu einer Zahl –: Es stellt sich die Frage: Haben Sie das wahre Ausmaß der Budgetprobleme gekannt oder nicht? Wenn Sie es gekannt haben, warum haben Sie es uns nicht bei den Sondierungsgesprächen oder schon vorher tatsächlich mitgeteilt? Wenn Sie es aber nicht gewusst haben, dann gibt es nur die Schlussfolgerung: Sie haben das Ressort nicht im Griff! – Beides ist schlecht, und daher war das Misstrauen der ÖVP berechtigt.

Kollege Stummvoll ist bereits auf all diese Pressemeldungen eingegangen: Im Juni 1999: "Kein Budgetloch!", fünf Monate später sagte der Leiter der Budgetsektion – ich zitiere den "Standard" –, es fehlen noch 7 Milliarden! Und im Budgetausschuss sprachen Sie dann von 20 Milliarden Schilling. Ich gebe Ihnen Recht, das mag nach den Grundlagen so sein. (Bundesminister Edlinger: Das habe ich immer gesagt!) Aber jetzt kommen wir drauf, dass es nur dann 20 Milliarden sind, wenn Sie auch den Überschuss des Familienlastenausgleichsfonds hernehmen und im Budget verschwinden lassen, und dass es sich bis zum Jahr 2003 um einen Fehlbetrag von 63 Milliarden Schilling handelt.

Natürlich, wir alle haben gewusst, dass das Budget nicht in Ordnung ist! Natürlich hat Minister Farnleitner auch gesagt, dass da etwas nicht stimmen kann – jeder von uns hat das gesagt! Aber die tatsächlichen Zahlen hatten wir nicht, und das muss man hier wirklich dezidiert feststellen.

Aber nun herzugehen und 20 Prozent der Ermessensausgaben zu kürzen, erscheint – das haben wir schon im Budgetausschuss debattiert – unlogisch. Das ist eine Rasenmäherpolitik, die wir nicht verantworten wollen. (Abg. Hagenhofer: Bundes-Verfassungsgesetz!) Es gibt andere Möglichkeiten, wie man vorbeugen kann, aber nicht mit dieser Methode, die außerdem auch nicht intelligent ist! (Abg. Hagenhofer: Das Bundes-Verfassungsgesetz schreibt das so vor!)


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