Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 6. Sitzung / Seite 193

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist zu diesem Tagesordnungspunkt niemand mehr gemeldet. Daher schließe ich die Debatte.

Ich weise den Antrag 44/A dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zu.

9. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Allgemeines Behinderten-Gleichstellungsgesetz (Beh-GStG) erlassen wird (31/A)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen nunmehr zu Punkt 9 der Tagesordnung.

Das Wort erhält zunächst die Frau Antragstellerin. – Bitte, Frau Abgeordnete.

21.34

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass Behindertengleichstellung in Österreich noch lange keine Realität ist, möchte ich Ihnen nur ganz kurz anhand einiger Beispiele und anhand des Ergebnisses der Arbeitsgruppe im Bundeskanzleramt berichten.

Wir haben 1997 eine Verfassungsbestimmung beschlossen, die besagt, dass niemand aufgrund seiner Behinderung benachteiligt werden darf und dass Bund, Länder und Gemeinden dafür Sorge tragen müssen, dass die Gleichstellung von behinderten und nichtbehinderten Menschen in allen Bereichen des täglichen Lebens gewährleistet ist. Diese Verfassungsbestimmung klingt sehr gut, und ich habe mir gewünscht, dass zumindest der Bund sich einigermaßen an diese Verfassungsbestimmung halten wird und ab 1997 keine Gesetze mehr verabschieden wird, die diskriminierende Bestimmungen enthalten.

Aber bei diesem Wunsch, den wir und die behinderten Menschen in Österreich hatten, ist es geblieben, denn nicht einmal Bundesgesetze werden seit Juli 1997 aufgrund dieser Bestimmung gemacht und verabschiedet. Selbstverständlich enthalten sie noch immer diskriminierende Bestimmungen, und das nicht nur ab und zu, sondern in fast ausnahmslos jedem Fall.

Ich möchte nur kurz daran erinnern: Es war vor den Wahlen, da haben wir hier in diesem Parlament das Schienenverkehrsmarkt-Regulierungsgesetz beschlossen. Bei diesem Gesetz ging es ganz konkret – für all jene, die sich nicht mehr daran erinnern können – unter anderem um die Umbauten der Bahnhöfe. In diesem Gesetz steht drinnen, dass man nach Maßgabe der Möglichkeiten – nach Maßgabe der Möglichkeiten! – barrierefrei bauen sollte. Dass diese "Maßgabe der Möglichkeiten" in der Praxis dann nicht eingehalten wird – diesen Verdacht haben wir schon damals gehegt –, zeigt sich bereits heute an der Umsetzung.

Herr Minister Einem, der Sie gerade hier sind –: Die Leistungen der ÖBB insgesamt – mit Ausnahme der Zugbegleiter, sage ich jetzt einmal – haben sich in den letzten Jahren sicherlich nicht positiv auf die Beförderung von behinderten Menschen niedergeschlagen. Da war es schon um einiges besser. Aber ich möchte Sie jetzt nicht mit Details belasten; erstens habe ich nicht die Zeit, und zweitens habe ich ja eine entsprechende Anfrage an Sie gerichtet.

Oder, meine sehr geehrten Damen und Herren: Ich komme heute noch – obwohl wir diese Verfassungsbestimmung seit 1997 haben – durch die Hintertür zum Rednerpult, und meinen Sitzplatz, der eigentlich seit Oktober mein Sitzplatz sein sollte, kann ich bis heute nicht benutzen. Ich sitze auf dem Platz X – der gehört eben niemandem –, weil mein Platz bis heute nicht entsprechend adaptiert worden ist. Ich möchte nicht wissen, ob Sie, meine Damen und Herren, sich nicht schön bedanken würden, wenn Sie nach vier Monaten noch Ihren Platz irgendwo am Gang hätten und nicht hier in den Reihen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte darauf verweisen, meine Damen und Herren, dass Behindertendiskriminierung kein Kavaliersdelikt ist, sondern großteils eine vorsätzliche Tat, denn wie könnte es sonst sein, dass


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite