Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 9. Sitzung / Seite 34

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Als Patriot bedauere ich es zutiefst – und von dieser Reichshälfte (der Redner weist auf die Bankreihen der Freiheitlichen) lasse ich mir den Patriotismus noch lange nicht nehmen! (Beifall bei den Grünen)  –, dass Sie riskieren, dass die drei Worte "Made in Austria" kein Gütezeichen mehr sind, sondern ein Handikap für österreichische Geschäftsleute und andere werden. (Abg. Dr. Martin Graf: Ich wiederhole: Sie müssen sich in einem Lokal halt ordentlich benehmen!) – Mein Gott, dass ich das in meiner kurzen Politikerlaufbahn erleben durfte, dass ich Benehmensvorschläge von dieser Seite bekomme! (Beifall und Bravo!-Rufe bei den Grünen.) Super! Das gefällt mir echt, denn ich habe einen Hang zum Zynismus. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Die neue Regierung hat uns neuen Stil versprochen. Früher oder später hätte ich einmal ganz gerne gewusst: Wo ist der neue Stil? Herr Kollege Khol! Was ist jetzt mit dem Umgang mit der Opposition? Bekommen wir jetzt das Minderheitsrecht für einen Untersuchungsausschuss oder nicht? Bis jetzt bedeutet das, was wir von Ihnen und von Frau Kollegin Fekter hören, reine Zeitverzögerung und Aufschieben. Nichts ist es mit dem Minderheitsrecht! Was ist mit dem Stil hier im Parlament? (Abg. Dr. Martin Graf: Was ist mit dem, was bisher gültig war?!)

Wir werden uns die Protokolle von gestern und die Zwischenrufe von den Freiheitlichen anschauen, soweit sie protokolliert sind – alle sind nicht protokolliert; aber das ist kein Vorwurf, denn die armen Damen und Herren können ja gar nicht alles mitbekommen –, und dann schauen, wer den Vorsitz führt und wer einen Ordnungsruf erteilt. Das werden wir uns anschauen! Ich schaue mir gerne alles an! (Zwischenruf des Abg. Dr. Martin Graf. ) Ich weiß nicht, ob das wehleidig ist!

Ihre alte Radaupolitik war vielleicht für eine Oppositionspartei angemessen, ich kann das nicht beurteilen, aber für eine Regierungspartei finde ich Ihr Verhalten deplaciert. Aber ich rede Ihnen nicht drein! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Was ist denn mit Ihrem Gerede von "Verschwörung" und "Hochverrat"? – Ihr hochverehrter Herr Parteiobmann und Landeshauptmann in Kärnten redet von politischem Hochverrat! Wollen Sie das jetzt politisch untersuchen oder nicht? Gibt es dazu einen Untersuchungsausschuss oder nicht? Oder sind Sie schon beim ersten Konflikt umgefallen, weil die ÖVP das nicht haben will? (Abg. Ing. Westenthaler: Vielleicht schaffen Sie auch einmal eine Rede, ohne den Namen Haider zu erwähnen! – Abg. Jung: Was ist mit dem Antrag von Frau Vassilakou?) Vassilakou – das ist ein gutes Stichwort! Wie ist das jetzt zu verstehen, Herr Bundeskanzler: "Trotz der Demonstrationen in diesen Tagen sind radikale Auswüchse ... selten."? Sie rufen doch immer nach Differenzierung, werfen jedoch all diese Demonstrationen in einen Topf als radikale Auswüchse. Ich erwarte mir von Ihnen noch eine Berichtigung, eine Qualifizierung, eine Modifizierung! Was haben Sie damit gemeint? Das Demonstrationsrecht ist immer noch ein Bürgerrecht in diesem Land! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn wir jetzt beim neuen Stil sind, dann würde ich mir früher oder später auch wünschen, dass man mit dieser ewigen Schönfärberei in Regierungserklärungen aufhört! In der Regierungserklärung heißt es:

"Österreich zeichnet sich durch hohe humanitäre Standards aus." – Okay.

Und weiters: "Nie hat die Republik Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg politische, demokratische und humanitäre Prinzipien verletzt."

Da frage ich Sie: Wer ist die Republik Österreich? Ich kann mich sehr wohl daran erinnern, dass die Republik Österreich vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg verurteilt wurde und dass mit dem Finger auf uns, auf die Republik Österreich, gezeigt wurde, und zwar von "amnesty international", wegen diverser Übergriffe. – So, wie Sie das jetzt formulieren, ist es nicht ganz!

Weiter heißt es: "Niemand soll daran zweifeln, dass wir uns glaubhaft zu Toleranz, Offenheit und zur Wahrung der Menschenrechte bekennen." – Wer ist "wir"? Herr Dr. Schüssel, Ihnen glaube ich das, absolut! Aber Sie haben einen Partner, der im Wiener Wahlkampf alles getan hat, damit man eben das nicht glaubt, und deren Obmann gerade die Präambel, auf die sich jetzt alle


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