Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 9. Sitzung / Seite 55

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",In fast allen Ländern der Europäischen Union regieren Sozialdemokraten.‘ So stand es selbstbewusst zu lesen im Blair-Schröder-Papier zum ,dritten Weg‘ – eine nicht zu bestreitende Tatsache. Bisher war das auch kein Problem, bei dem man sich länger aufhalten musste. Wenn sich nun aber ein Land anschickt, den Trend zu korrigieren und nach freien und offenen Wahlen eine sozialdemokratische Regierungspartei nach langen Jahren der Pfründenherrschaft endlich in die Opposition zu werfen, so wehren sich die Genossen in europäischer Regierungsstellung und lassen die Muskeln spielen." – Alles "Neue Zürcher Zeitung"!

Und weiters heißt es: "Eine Drohkampagne wird inszeniert, die Straße wird mobilisiert, die moralische Entrüstung entfacht, die europäische ,Wertegemeinschaft‘ beschworen. Selbst Skifahren in Österreich wird zur Todsünde erklärt." (Abg. Mag. Kogler: Und Chirac ist mittlerweile der trotzkistischen Internationale beigetreten!)

Dies eine Beurteilung der "Neuen Zürcher Zeitung" von Machtwechsel und Sozialdemokratie, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Als einer, der schon immer, auch in diesem Hohen Hause, seit vielen, vielen Jahren für Europa, für die Europäische Union eintritt, der selbst in seiner früheren wie in seiner jetzigen Funktion viel getan hat, um diesen europäischen Integrationsprozess voranzutreiben, bedauere ich auch sehr, dass heute führende Journalisten unseres Landes, zum Beispiel Christian Ortner, Herausgeber des "FORMAT", in seinem letzten Leitartikel das Verhalten der EU wie folgt kommentiert haben. Ich zitiere Christian Ortner, einen der angesehensten Journalisten der jüngeren Generation (Abg. Dr. Mertel: Warum zitieren Sie nicht aus dem letzten "profil"?) :

"Das Verfahren fand hinter verschlossenen Türen ohne Anhörung der Beschuldigten statt, das Delikt wurde nicht benannt, eine Berufungsinstanz gibt es nicht: Die Art und Weise, in der die vierzehn EU-Partner Österreichs am vorvergangenen Wochenende ihr folgenreiches Urteil über die Republik sprachen ..., erinnert eher an die Usancen eines serbischen Geheimgerichtshofes als an jene rechtsstaatlichen Regeln, denen verbunden zu sein die vierzehn Regierungen scheinheilig behaupten." – (Abg. Dr. Fekter: Inquisition war das!) Das sage nicht ich, das sagt Herr Christian Ortner, ein angesehener Journalist im Leitartikel der letzten Nummer seiner Zeitschrift.

Das sollte uns schon zu denken geben! Was ich aus all dem als Schluss ziehe, ist: Die Sozialistische Internationale funktioniert noch hervorragend, meine Damen und Herren. Dieses Kompliment muss ich Ihnen machen. (Abg. Dr. Mertel: Und Ihre Internationale wollte Sie sogar ausschließen!) Nur leider, leider zum Nachteil Österreichs, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Was mich aber an diesem Regierungsprogramm freut, das uns heute der Herr Bundeskanzler und die Frau Vizekanzler vorgetragen haben, ist, meine Damen und Herren, dass nicht nur der Leitsatz "Österreich neu regieren" lautet, sondern dieser Leitsatz mit sehr konkreten Inhalten erfüllt ist. Ich sage ganz offen, ich freue mich zunächst einmal darüber, dass etwas beseitigt wurde, was mich seit Jahren gestört hat, was für mich eigentlich eher eine fast klassenkämpferische Wurzel hatte: die Ressortverteilung, hie Sozialministerium, das muss unbedingt ein Gewerkschafter sein, und da das Kapital, die Wirtschaft, das muss unbedingt einer sein, den die Wirtschaft akzeptiert.

Die nunmehrige Lösung, der Auffassung "nur Wirtschaft schafft Arbeit" und "Wirtschaft und Arbeit sind eine Einheit" auch im Rahmen einer Kompetenzverteilung Rechnung zu tragen, ist etwas, von dem man sagen muss: Eine solche Ressortverteilung gemeinsam mit dem integrierten Bildungsministerium, gemeinsam mit einem Generationenministerium, gemeinsam mit einem Infrastrukturministerium, eine solche Kompetenzverteilung – das muss ich leider sagen, meine Damen und Herren von der sozialistischen Fraktion – haben wir mit Ihnen leider nicht zustande gebracht. Diese Kompetenzverteilung brauchen wir jedoch im Hinblick auf die Herausforderung des 21. Jahrhunderts, und ich freue mich, dass es dieser Regierung gelungen ist, die Regierungspolitik so zu gestalten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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