Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 9. Sitzung / Seite 167

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Im Bereich Wirtschaftsstrafrecht haben wir uns der Reform auch des Krida-Strafrechtes verpflichtet gesehen. Wir meinen, dass man die fahrlässige Krida generell aufheben soll. Ich als Wirtschaftsanwalt darf Ihnen sagen, dass die Hauptnutznießer derartiger Verfahren die Sachverständigen waren. Nun, ich habe nichts dagegen, dass Sachverständige viel Geld bekommen; aber dafür, dass jemand, dem man nichts mehr wegnehmen kann, der in Konkurs ist, der der fahrlässigen Krida beschuldigt wird, weil er vielleicht um drei Monate zu spät die Insolvenz angemeldet hat (Abg. Dr. Petrovic: Meinen Sie vielleicht den Rosenstingl?), dann ein Gutachten einholt, das die Republik Österreich mangels Einbringlichkeit beim Beschuldigten 2 oder 3 Millionen Schilling kostet, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat die Bevölkerung kein Verständnis! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Auf der anderen Seite geht es uns allerdings um eine Verschärfung der betrügerischen Krida. Denn in der Tat war es in der Praxis so, dass die Staatsanwälte und Gerichte aus Angst, die betrügerische Krida in der Anklage nicht durchzubringen, auf die fahrlässige Krida ausgewichen sind. Das kann es nicht geben. Wenn jemand betrügerische Krida begeht, hat er dafür bestraft zu werden! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich komme zu einem weiteren Bereich des Wirtschaftsrechtes, zum Insolvenzrecht. Es haben sich in den vergangenen Jahren oder Jahrzehnten, verstärkt aber in den vergangenen Jahren, Unzulänglichkeiten im Insolvenzrecht herausgestellt. Ich habe das als Anwalt selbst mehrfach erlebt und kann nur staunen darüber, wie manche Insolvenzverfahren von den Gerichten abgehandelt wurden. Ich verallgemeinere hier nicht. Ich meine, dass 95 Prozent aller Konkursrichter in Österreich wirklich hervorragende Arbeit leisten, aber ich habe kein Verständnis dafür, dass die Gesellschafter eines insolventen Unternehmens eine Woche vor Konkurseröffnung den Sitz von der Firma in das Privathaus verlegen, dadurch einen bestimmten Gerichtssprengel erreichen, Insolvenz anmelden und mit der Auffanggesellschaft, die aus Mitgliedern der familia suspecta besteht, sämtliche Vermögenswerte der Altgesellschaft zu Liquidationswerten aufkaufen, nachdem das Konkursgericht für die juristische Sekunde die Liquidation beschlossen hat und daher rein rechtlich formal zu Liquidationswerten gekauft werden konnte und nicht zu Fortführungswerten, wie es eigentlich tatsächlich gerecht gewesen wäre. Meine Damen und Herren! Ich bitte höflich um Verständnis dafür, dass die Koalition diesbezüglich Abhilfe schaffen muss. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Zum Zivilrecht: Was die Publikationspflichten großer Gesellschaften mit beschränkter Haftung betrifft, so glaube ich, dass hier der Gesetzgeber das Kind mit dem Bade ausgeschüttet hat, als er die entsprechende EU-Richtlinie viel zu streng in das österreichische Recht inkorporiert hat. Diese EU-Richtlinie hat einen Gläubigerschutz vor Augen. Das heißt, die Gläubiger sollen, wenn sie ins Firmenbuch schauen, wenn sie die "Wiener Zeitung" aufschlagen, eine gewisse Transparenz über jemanden, den sie beispielsweise beliefern, erlangen. Dagegen haben wir überhaupt nichts. Aber wir haben etwas dagegen, dass gerade im Zeitalter der Merger Mania die großen Handelsketten, deren es immer weniger gibt, die Produzenten zu sich holen und sagen: Gemäß der im Firmenbuch beziehungsweise in der amtlichen "Wiener Zeitung" veröffentlichten Bilanz und nach der Gewinn-und-Verlust-Rechnung hast du einen Rohertrag, der nicht angemessen ist, und daher musst du die Preise entsprechend reduzieren. – Wollen wir das haben? – Ich glaube, das ist ein Irrweg. Wir können andere Instrumentarien schaffen, damit die Gläubiger selbstverständlich geschützt sind. Als ersten Diskussionsansatz schlage ich vor, dass man die Gewinn-und-Verlust-Rechnung nicht mehr veröffentlichungspflichtig macht – den Vermögensvergleich ja. Der Vermögensvergleich ist aussagekräftig genug. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich komme zu einem politischen Slogan, den die FPÖ in den vergangenen Jahren wiederholt gebraucht hat. Ich erinnere an den tragischen Fall Karl Otto Haas, an jenen geistig abnormen Rechtsbrecher, der bedingt entlassen werden sollte, Freigang bekommen hat und im Zuge dieses Freiganges den Sohn seiner früheren Lebensgefährtin bestialisch ermordet hat. So nebenbei hat er auf der Flucht noch eine geistliche Würdenträgerin schwer verletzt. Damals ist die Forderung erhoben worden: Lebenslang soll lebenslang bleiben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich mache aus meinem Herzen keine Mördergrube, und erwarten Sie nicht, dass die FPÖ und auch die ÖVP – insbesondere die FPÖ – von diesem


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