Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 9. Sitzung / Seite 191

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

SPÖ und von den Freiheitlichen es heute den ganzen Tag lang bis jetzt nicht geschafft haben – wir sitzen seit 9 Uhr Vormittag hier –, einmal auch die Interessen der behinderten Menschen zu vertreten. (Abg. Fischl: Ich habe es gesagt! – Abg. Mag. Haupt: Da waren Sie nicht da! Der Herr Bundeskanzler auch!)

Herr Präsident! In diesem Haus war es immer so, dass die Freiheitlichen ab und zu Interessen behinderter Menschen vertreten haben. Manchmal konnten wir auch die ÖVP gewinnen. (Abg. Dr. Khol: Den Artikel 3 der Bundesverfassung haben wir gemacht!) Im Regierungspapier, da stehen wir nur noch drinnen, wenn es um Aussonderung geht, wenn es um Sonderschulen geht, wenn es um Sonderanstalten geht. Dann wissen Sie, meine Damen und Herren, wen Sie dort hinzuschicken haben. (Abg. Dr. Khol: Das ist absolut ungerecht! Das stimmt nicht!) Wenn es um Menschenrechte geht, wenn es um das Selbstbestimmungsrecht behinderter Menschen geht, wenn es um die Gleichstellung von behinderten Menschen geht, da schweigen Sie! (Abg. Mag. Haupt: Nein, da schweigen wir nicht!) Da schweigen Sie von der ÖVP (Abg. Dr. Khol: Nein, wir schweigen nicht!), und die Freiheitlichen schweigen auch!

Es ist noch nicht so lange her, Herr Haupt, da waren Sie noch einer von jenen, die sich dafür eingesetzt haben (Abg. Mag. Haupt: So wird es auch bleiben!), dass der "Raub des Taschengeldes von Pflegeheiminsassen" – so haben Sie es genannt – rückgängig gemacht werden muss. (Abg. Mag. Haupt: ... Einmalzahlung ...!) Wo steht es denn in Ihrem Papier (Abg. Mag. Haupt: Lesen Sie es nach!), dass diese Menschen das wieder zurückbekommen müssen? Die Einmalzahlung ist es nicht! Es geht darum, dass diese Menschen das, was Ihnen in den letzten Jahren genommen wurde, wieder zurückbekommen. Aber Sie haben das Interesse an behinderten Menschen endgültig ad acta gelegt. (Abg. Fischl: Das ist eine Unterstellung! Das ist wirklich eine Unterstellung! – Abg. Steibl: Das ist eine Unterstellung! Man muss auch wissen, wo die Grenze ist und was Wahrheit ist!)

Ja, noch viel mehr: Wer dieses Regierungspapier liest und selbst betroffen ist – in diesem Haus bin ich es –, der muss Angst haben. Frau Rauch-Kallat hat am Sonntag gesagt, auch ihre Tochter – Claudia Rauch, sie ist blind – hat sie angerufen und hat gesagt, dass sie in diesem Land Angst hat – die Tochter von Frau Rauch-Kallat! (Abg. Dr. Grollitsch: Das ist unglaublich! Ungeheuerlich!) Und diese Angst ist berechtigt.

Wenn Sie sich zum Beispiel das Sachwalterrecht ansehen – auf Seite 108 Ihres Regierungsübereinkommens, wenn Sie es nachlesen wollen –, so finden Sie dort Folgendes – hören Sie mir genau zu –:

"Schaffung von Bestimmungen zur Erleichterung der medizinischen Behandlung von psychisch kranken Menschen und behandlungsbedürftigen Behinderten."

Wissen Sie, was das heißt? Wissen Sie, für wen es die Erleichterung geben soll? – Nicht für die behinderten Menschen, sondern für all jene, die vorhaben, behinderte Menschen zu medizinischen Zwecken freizugeben! (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Das ist der erste Schritt dazu, dass Sie Ihre Bio-Medizin-Konvention, die Herr Schwimmer im Europarat bis aufs Äußerste vertritt, endlich durchbringen! (Abg. Mag. Trattner: Das ist eine unglaubliche Unterstellung! Sind Sie mir nicht böse! – Abg. Dr. Pumberger: Da hört sich die Nachsicht auf!)

Es steht nichts drinnen in Ihrem Regierungspapier, wenn es um die Stärkung der Rechte behinderter Menschen geht. (Abg. Fischl: Ich bin gespannt, was Sie in einem Jahr sagen werden!) Kein Wort! Ganz im Gegenteil: Es steht drinnen, dass für Langzeitarbeitslose – und dazu gehören auch behinderte Menschen; Sie wissen, sehr viele von uns sind langzeitarbeitslos – bei der Beurteilung der Zumutbarkeit einer Beschäftigung die Berücksichtigung der künftigen Verwendung im bisher ausgeübten Beruf bei fehlender Beschäftigungsmöglichkeit zu entfallen hat.

Meine Damen und Herren! Wissen Sie, was das heißt? – Das heißt, dass behinderte Menschen, die auf dem Arbeitsmarkt keine Chance mehr bekommen, jetzt wieder das tun müssen, was auch ich einmal hätte tun müssen: vielleicht über Bleistifte Bänder kleben – zum Nulltarif!


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite