Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 16. Sitzung / Seite 129

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unsere Universitäten haben. Und die Studenten und alle Universitätslehrer müssen erkennen, dass sie in einem Boot sitzen. Denn die Studenten sind die wichtigste Gruppe der Universität, da sie ihr die Legitimation ihrer Existenz geben.

Bei der Debatte zur sozialen Lage der Studenten habe ich den Studenten als Bettelstudenten bezeichnet. Dieser soll nun nach dem Hochschulbericht nicht genötigt werden, seinen Schlafsack unter einer Brücke aufzurollen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte.

19.20

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Ich möchte zuerst ganz kurz auf das eingehen, was vor mir gesagt wurde. Ich habe einiges gelernt. Es ist mir zum Beispiel bislang völlig neu gewesen, dass sich die österreichischen Universitäten an den Universitäten der ehemaligen Ostblockstaaten orientieren. Ich hätte dazu gerne etwas mehr gewusst. Ich weiß darüber nichts.

Auch war mir bislang relativ unklar, dass die Opposition beziehungsweise der ehemalige Minister für Wissenschaft daran schuld ist, dass Frauen noch immer nicht zu ihren Rechten an den Universitäten gekommen sind. Da ist sehr viel geschehen. Erinnern Sie sich, wie die Universitäten früher waren! Jetzt gibt es so etwas wie Berufungskommissionen. Die Universitäten sind autonom, und wenn Berufungskommissionen aus Männern bestehen, dann kann es vorkommen – und es kommt vor –, dass daraus den Frauen ein Nachteil erwächst. Aber mit Politik, mit gezielter Politik hat das sehr wenig zu tun. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Abgeordneter Graf – der mich zwar "Grunwald" nennt, aber ich verstehe ihn trotzdem – gibt mir, das ehrt mich, die Befugnisse des Wiener Polizeipräsidenten. Er meint, ich sollte doch bei den Demos für Ordnung sorgen. Es fällt auch immer wieder das Wort von den "ordentlichen und braven Studenten". – Herr Abgeordneter Graf! Erstens bin ich nicht Polizeipräsident von Wien und habe auch nicht vor, es zu werden. Zweitens: Sie fordern autonome und vollrechtsfähige Universitäten, die sich selbst regieren und autonom sind. Verlangen Sie von mir nicht, dass ich in die Universitäten gehe und dort für Ordnung sorge! Das heißt nicht, dass ich im Proponentenkomitee dieser Besetzer bin. (Abg. Dr. Martin Graf: Sie können sich politisch distanzieren!)

Und noch etwas: Bevor Sie von mir ein Wort der Distanzierung hören, möchte ich Ihnen etwas sagen: Wenn man Studenten nur dann anerkennt, wenn sie lieb und brav sind und die Ohren anlegen, wenn sie das tun, was Ihnen recht und angenehm ist, dann mache ich Sie darauf aufmerksam: Demos und Widerstand erwachsen vorwiegend dort, wo man die Ohnmacht des Wortes erkennt. (Abg. Jung: Aber sie richten Schaden an!) Und wenn ich merke, wie Sie sich bei Kritik, ohne mit dem kleinsten Ohrläppchen zu wackeln, abputzen und gar nicht darauf reagieren, dann kann ich verstehen, dass aus Ohnmacht und Wut zu manchen Mitteln gegriffen wird, die ich nicht alle unterschreibe. Mehr werden Sie dazu von mir mit keinem einzigen Wort hören. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wichtig ist aber der Hochschulbericht. Unter dem letzten Minister wurde auf Grund von Geldmangel und Sparmaßnahmen demonstriert. (Abg. Dr. Martin Graf: Erfolglos!) Ja, erfolglos. Aber ich sage Ihnen, mir sind Leute lieber, die nicht wegen Geld, sondern wegen Gesinnungen Widerstand leisten. Das ist, glaube ich, ein bisschen höher einzuschätzen. (Abg. Dr. Martin Graf: Das hat fast alle Studenten ein Semester gekostet!) Und wenn da einige darunter sind, die etwas überziehen, dann ist das Autonomie. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Martin Graf: Das hat Tausende Studenten ein Semester gekostet!)

Der Hochschulbericht liefert gute Daten, und er ist korrekt. Was ich aber in der heutigen Bundesregierung vermisse, ist, dass sie erkennt, dass Daten und Fakten dazu da sein sollten, sie zu interpretieren und daraus auch Handlungen für die Zukunft abzuleiten.


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