Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 23. Sitzung / Seite 126

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einem massiven Problem. 30 Jahre SPÖ-Gesundheitspolitik sollten doch nicht dazu führen, dass man alle drei Jahre über ein massives Notprogramm reden muss.

Verleugnen löst bekanntlich meist noch größere Probleme aus. Und das, was mich am meisten verwundert hat, war, dass Anfang Dezember Viktor Klima gesagt hat: Ja, es gibt Probleme, 2,5 Milliarden Schilling fehlen, aber es darf nicht mehr Geld geben, die Krankenscheingebühr soll abgeschafft werden, und gleichzeitig soll es noch mehr Leistungen geben! – Das wäre die Quadratur des Kreises und ist ein Den-Leuten-Sand-in-die-Augen-Streuen.

Kein Mensch bezweifelt, dass wir ein positives Problem haben. Wir haben eben das Problem positiver Art, dass die Leute älter werden und dass die Medizin gigantisch leistungsfähig ist. Das müssen wir anerkennen. Aber auf der einen Seite zu sagen, das dürfe nichts kosten, und auf der anderen Seite jede Leistung zu garantieren, das geht einfach nicht!

Es ist schon viel Scheinheiligkeit dabei, wenn man sagt: Die Medikamentengebühren steigen so stark, von 46 S auf 55 S. In Deutschland liegt die Medikamentengebühr im Schnitt bei 70 S. Ich habe noch nicht gehört, dass Sie sich bei Ihrem Vorbild Schröder darüber beschwert hätten.

Oder: Selbstbehalt in der Ambulanz. Wenn Sie im Wilhelminenspital die Ambulanz aufsuchen, brauchen Sie etwa einen Vormittag, bis Sie alles erledigt haben, und da zahlen Sie am ganzen Spitalsgelände mehr Parkgebühr, als die Ambulanzgebühr ausmacht.

Was nun die "Glaubensfrage" der Selbstbehalte betrifft, so sollen diese ja nicht den Patienten in dem Sinn belasten, dass eine Leistung verhindert wird. Das wäre ja völlig absurd und meiner Meinung nach unfair.

Die Eisenbahner, die Beamten haben dafür gekämpft, dass sie in ihrem System bleiben können, in dem sie diesen "bösen" Selbstbehalt zahlen dürfen. (Abg. Verzetnitsch: Sie haben aber andere Leistungen!) Wenn sie kein Geld hätten, Herr Präsident, dann könnten sie auch nichts leisten. Dann müsste es nämlich so sein, dass sie dem Patienten manche Leistungen, wie etwa – um nur einige Beispiele zu nennen – Zahnkronen, Kieferorthopädie, Schmerztherapie, überhaupt nicht gewähren können. Haben Sie gewusst, dass 500 000 Österreicher überhaupt keine Schmerztherapie auf Krankenkassenkosten erhalten können?

Was das berühmte Beispiel Psychotherapie betrifft, so wurde zehn Jahre lang um einen Vertrag gerungen. Derzeit wird eine Rückerstattung von 300 S gewährt. Die durchschnittliche Therapiestunde kostet 1 000 S. Das ergibt nach Adam Riese einen Selbstbehalt von 70 Prozent oder 700 S. Darüber habe ich noch keinen großen Aufschrei gehört, und dabei gibt es genügend psychisch Kranke, die gerne die Möglichkeit hätten, umsonst oder zumindest mit einem minimalen Selbstbehalt die Therapie in Anspruch zu nehmen.

Ich will hier keine Kindesweglegung betreiben. Wir haben durchschnittliche Gesundheitskosten, die 8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmachen, und liegen damit unter den Ländern der westlichen Welt auf Platz zehn. Deutschland gibt zum Beispiel 10 Prozent aus, das ist um etwa 60 Milliarden mehr. Es sollen hier auch nicht die Leistungen der Krankenkassen kleingeredet werden und auch nicht die Leistungen der Sozialdemokratie. Aber es geht hier darum, dass wir leider ein massives Problem übernommen haben, und keiner – ich inklusive – hat gewusst, dass 5,7 Milliarden Schilling fehlen und nächstes Jahr 9 Milliarden Schilling fehlen werden.

Was manche der Lösungsvorschläge, die gemacht wurden, betrifft, so ist jener von Herrn Kollegen Grünewald, der sagt, er könne auf die Schnelle 10 Milliarden Schilling einfach durch Verschieben von innen, also vom Spital, nach außen aufstellen, bitte, naiv. Das funktioniert nicht! Auch der Vorschlag von Herrn Köck – Gott sei Dank sitzt er nicht im Parlament –, der auf der Ansicht beruht, dass 50 Prozent der Leistungen überflüssig seien, entbehrt, so glaube ich, jeder Grundlage.

Ich will aber nicht das englische Gesundheitswesen von Herrn Blair, in dem 1,3 Millionen Leute auf der Warteliste stehen (Abg. Reitsamer: Blair ... sanieren!) – Blair saniert überhaupt nichts! – und Patienten mit einer Heilungschance von unter 5 Prozent überhaupt nicht drankommen.


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