Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 32. Sitzung / Seite 50

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

sen doch die Fakten beachten, dass nämlich die öffentliche Hand pro Jahr für 1,6 Millionen im Bereich der Unselbständigen, im Bereich des ASVG einen Zuschuss von 37,7 Milliarden Schilling leistet, während gleichzeitig – und ich bin es Ihnen nicht neidig – 340 000 Gewerbetreibende und Bauern in Pension einen Zuschuss von 25 Milliarden Schilling bekommen. (Abg. Schwarzenberger: Die Nebenerwerbsbauern zahlen eben anderswo ein!) Angesichts dieser Verhältnisse wird aber immer nur darüber gesprochen, dass das ASVG nicht finanzierbar sei, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Zahlen sprechen für das genaue Gegenteil: Das tragfähigste System ist das ASVG! (Beifall bei der SPÖ.)

Natürlich wird eine Strukturreform unseres Pensionssystems auch darin bestehen, zu einer größeren Beitragsgerechtigkeit zu kommen, nämlich im Verhältnis dessen, was einbezahlt wird, und dem, was letztendlich an Pension herauskommt. Offensichtlich aus politischen Gründen hat sich diese Koalitionsregierung dieser Frage nicht gestellt. Sie hat es sich einfach gemacht, sie ist mit dem Rasenmäher über die Interessen der Österreicherinnen und Österreicher drübergefahren – dies, um Ihre Frage, Herr Westenthaler, eindeutig zu beantworten. (Beifall bei der SPÖ.)

Offenbar wollen Sie heute auch in der Frage von Selbstbehalten im Ambulatorienbereich einen Beschluss fassen. Sie haben die großartige "Erfindung" gemacht, dass mit Selbstbehalten letztendlich die Finanzierungsproblematik der Krankenversicherung gelöst werden könnte. Ich kann Ihnen heute schon ankündigen: Es wird nicht ausreichen, um die Finanzierungslücken zu schließen, vor allem deswegen, weil Sie zugleich auch einen Beitrag dazu leisten, dass das Loch bei den Krankenversicherungen noch größer wird. Im Zuge Ihrer Aktion "Unfairness" haben Sie die Dienstgeberbeiträge für Arbeiter einseitig um 0,3 Prozent gesenkt, das heißt, die österreichischen Unternehmungen werden in Zukunft um 900 Millionen Schilling weniger in die Krankenversicherung einzahlen, was zur Folge hat, dass die Finanzierungslücke dort noch größer werden wird, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Was Sie sich auf diese Art ersparen wollen, soll offenbar auf der anderen Seite durch Ambulanzgebühren hereinkommen, die Sie nun von allen Österreicherinnen und Österreichern verlangen. Sie setzen dabei auf das Vergessen, denn die Gebühren für die Ambulanzbesuche sollen erst ein Jahr danach von den Krankenversicherungsträgern eingehoben werden. Die so genannte Kinderpartei ÖVP hat kein Problem damit, dass in Zukunft auch für Kinder bei einem Ambulanzbesuch 250 S verlangt werden. Das ist umso dramatischer, je mehr Kinder eine Familie hat. Im Übrigen verlangen Sie das völlig unabhängig von der Einkommenssituation der Familien. Das ist ein weiterer Anschlag auf die kleinen Einkommensbezieher und auf die Familien in unserem Land, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie versuchen, die gesamte Debatte im Wesentlichen durch zwei Bereiche zu verhüllen. Es war heute symptomatisch: In der Früh musste wieder das gesamte Sanktionstheater kommen (Abg. Hagenhofer: Ja genau!), weil es das Liebingsspielzeug dieser Bundesregierung zur Verschleierung der brennenden sozialpolitischen Fragestellungen ist.

Das Zweite, was Sie, und zwar in allererster Linie die FPÖ, dauernd machen, ist, dass Sie versuchen, einzelne Sündenbockgruppen in der österreichischen Bevölkerung zu identifizieren: einen Tag die Eisenbahner, am anderen Tag die Beamten, am dritten Tag die Lehrer. Hinter dieser Sündenbockphilosophie steht aber der Zugang, dass in Wirklichkeit quer über die Bevölkerung geschröpft und gekürzt wird. Ich sage, meine sehr verehrten Damen und Herren: Diese Sündenbockideologie ist keine demokratische Kultur!

Wenn Sie gestern auf die Eisenbahner und Ihr Parteiobmann auch gestern wieder auf die Lehrer losgegangen sind, dann sage ich gerade jetzt zum Schulschluss ganz eindeutig: Ich bin als Vater einer Tochter dankbar dafür, dass die österreichischen Lehrerinnen und Lehrer mit großem Engagement das ganze Jahr über dafür gesorgt haben, dass unsere Kinder eine ordentliche Ausbildung und in Zukunft eine Chance in diesem Land haben. Das ist unser Zugang zu den Dingen. (Lang anhaltender Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Die Brüder Grimm hätten eine Freude mit ihm! Märchenstunde zu Ende!)

10.41


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite