Bei den Gesundheitsausgaben pro Kopf allerdings liegt Österreich an sechster Stelle. Aber man höre: Die anteiligen Gesundheitsausgaben des öffentlichen Bereiches weisen Österreich Platz elf in der EU zu. Jetzt appelliere ich an Sie, nachzudenken: Wenn uns alle auf Platz sechs verweisen, der öffentliche Bereich aber auf Platz elf liegt, wer wurde dann zunehmend in den letzten Jahren zur Kasse gebeten? – Das sind die Haushalte, aber nicht die öffentlichen! Ich habe Ihnen nachgewiesen und mit internationalen sowie österreichischen statistischen Daten belegt, dass sich die Ausgaben der öffentlichen Hand, anteilig an den Gesundheitskosten, zum Beispiel in den Jahren 1995 bis 1998 um – sage und schreibe! – 5 Prozent reduziert haben, dass die Ausgaben der öffentlichen Hand über Jahrzehnte hinweg knapp bei 80 Prozent gelegen sind und nunmehr bei 70 Prozent liegen. Und wer trägt den Rest? (Ruf: Die Kranken!) Zunehmend die Bürgerinnen und Bürger. Das ist Faktum! (Beifall bei den Grünen.)
Wie ist es nun mit der Sozialversicherung? – Das Gesamtvolumen für Gesundheitsausgaben beträgt in Österreich hochgerechnet für dieses Jahr 230 Milliarden Schilling, über zirka 140 Milliarden Schilling davon "herrschen" – unter Anführungszeichen – die Sozialversicherungen. Ich frage Sie, die Sie sich immer als Wirtschaftspartei, als Unternehmer, als Sachverständige der Betriebswirtschaft bezeichnen: Was sind 5 Milliarden von 230 Milliarden? Und was machen 5 Milliarden von 140 Milliarden der Sozialversicherungen aus? – Ich weiß, das ist nicht punktgenau, aber in einem Haushalt doch relativ scharf. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Dr. Bartenstein. ) Mit diesen 5 Milliarden Panik zu machen und von Unfinanzierbarkeit zu reden, ist dann – ich sage: ist dann; bei einem Konjunktiv ist das Wort "infam" erlaubt –, ist dann infam, wenn der Staat, wenn der Gesetzgeber dem Bürger eine Behandlung auf aktuellem medizinischen Niveau der Forschung und Wissenschaft garantiert, aber derselbe Gesetzgeber die Krankenkassen dazu verpflichtet, diese kostendeckend dem Bürger zur Verfügung zu stellen – nicht Kostenzuschüsse, sondern Kostenersätze im Wesentlichen.
Die Krankenkassen haben das nie zu 100 Prozent erfüllt. Ich erwähne nur die Psychotherapie. Auch in vielen anderen Bereichen haben sie das nicht 100prozentig erfüllt, was der Gesetzgeber der Bevölkerung versprochen hat. Aber dann, wenn die Kassen das tun, zu sagen: Liebe Freunde, ihr könnt nicht wirtschaften, weil euch von 140 Milliarden jetzt plötzlich 5 Milliarden abhanden gekommen sind!, das ist schon nachdenkenswert, was da dahinter steckt.
Ich sage Ihnen noch etwas: Das Bruttoinlandsprodukt ist von 1995 bis 1998 um 9,9 Prozent gestiegen, die Gesundheitsausgaben um 4,6 Prozent. Auch darüber sollte man nachdenken, was das bedeutet.
Ich komme nun aber zu den Ambulanz- und Rezeptgebühren. Ich habe wiederholt versucht, Ihnen nachzuweisen – dazu gibt es internationale Belege in Hülle und Fülle –, dass das untere Einkommensdrittel nicht nur häufiger, sondern auch früher krank wird und auch kürzer lebt. Wenn man nun Selbstbehalte einführt, trifft man – ich lade nochmals zum Nachdenken ein – jenes Drittel überproportional, das dieses Risiko früherer und häufiger Erkrankungen sowie kürzerer Lebenszeiten trägt. Wenn Sie mir nun erklären, dass das sozial ausgewogen und gerecht ist, dann müssten sich die Plenarsitzungen über Wochen hinziehen, damit ich das begreife. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Das heißt, Sie verlassen ein Solidarsystem, in dem jeder einkommensabhängig einen Beitrag der Solidarität an jene richtet, die dieser Solidarität am dringlichsten bedürfen. Mit allen geeigneten Mitteln wollen Sie Ihr Programm durchsetzen. Das wurde gestern erwähnt, und man sieht das jetzt auch bei den Sozialversicherungen. Die Formulierung "mit allen geeigneten Mitteln" verlangt einen Blaulichteinsatz, insbesondere dann, wenn die Regierung versucht, jetzt genau zu erläutern, wer von der Bezahlung der Ambulanzgebühren ausgenommen ist, wann man sie nicht zahlen muss et cetera pp.
Die Regierung versucht sich hier nun als medizinischer – gestatten Sie mir den Ausdruck, es ist kein böser; die Mehrheit der Bevölkerung zählt dazu – Dilettant. Was ist ein Notfall? – Ich zitiere sinngemäß: Ein Notfall ist, wenn Lebensgefahr herrscht oder wenn unmittelbar an die ambulante Behandlung eine stationäre Aufnahme erfolgt. – Das Einzige, was Sie hiebei noch vergessen haben, ist, den Friedhof zu erwähnen, denn das ist eine stationäre Aufnahme auf ewig. Auch da