Vorschläge!, so muss ich den letzten Absatz aus dem Brief des Herrn Bundeskanzlers Schüssel an Präsidenten Verzetnitsch zitieren. Da schreibt er: "Nachdem die ressortmäßige Verantwortlichkeit bei Frau Bundesminister Dr. Sickl liegt, habe ich ihr das Positionspapier übermittelt." Jetzt muss ich Sie, geschätzte Frau Sozialminister, fragen, da ich davon ausgehe, dass Sie des Lesens mächtig sind: Haben Sie die Vorschläge nicht gelesen, oder haben Sie sie nicht lesen wollen? Vorschläge jedenfalls müssen Sie bekommen haben! (Beifall bei der SPÖ.)
Man hat auch immer wieder gehört – das ist auch immer stereotyp gekommen –, bei jedem Interview, Frau Minister, haben Sie das gesagt: An den Eckpunkten wird nicht gerüttelt! – Ich frage Sie: Was sollen das für Verhandlungen sein, wenn Sie von Haus aus erklären, dass man an den Eckpunkten nicht rütteln darf? Sie wollten uns als Feigenblatt benützen, aber dabei haben wir nicht mitgespielt, sehr geehrte Frau Minister!
Ich halte nochmals fest: Die Gewerkschaften haben Ihnen ein sehr umfangreiches Gegenkonzept überreicht. Allerdings – das gebe ich schon zu –: Hauptpunkt dieses Konzeptes war es natürlich, die Menschen länger in Beschäftigung zu halten und dafür Sorge zu tragen, dass die Arbeitswelt gesünder wird, dass die arbeitenden Menschen ihre Gesundheit nicht auf dem Arbeitsplatz lassen und somit keine Invaliditätspension und keine Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit in Anspruch nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)
Nach dem Spitzengespräch Präsident Verzetnitsch/Tumpel wurde von den Klubobleuten Khol und Westenthaler behauptet, sie hätten keine Vorschläge erhalten. Ich habe von beiden – von Khol vom 25. April, von Westenthaler vom 3. Mai – Briefe, in denen steht, dass sie die Vorschläge des ÖGB übermittelt bekommen haben.
Nun, meine sehr geehrten Damen und Herren, sage ich Ihnen noch etwas; so geschehen in der letzten Sitzung des Sozialausschusses vergangene Woche: Wir, alle vier Fraktionen, haben gemeinsam beschlossen, dass wir zur Sitzung des Sozialausschusses Experten beiziehen. Aber noch bevor – um das Demokratieverständnis der beiden Regierungsparteien jetzt ein bisschen zu verdeutlichen –, noch bevor die erste Frage an einen Experten gestellt worden ist, noch bevor ein Experte überhaupt eine Frage beantworten konnte, ist eine Presseaussendung des Sozialsprechers Feurstein von der ÖVP über die APA gelaufen: Da können die Experten sagen, was sie wollen, das wird nichts ändern! Wir beschließen das mit unserer Mehrheit! (Abg. Steibl: So stimmt das nicht!) – Das ist Demokratie! Das ist Demokratie, Frau Steibl!
Wir haben außerdem gemeint – da gravierende Punkte beschlossen werden –, diese Befragung der Experten solle doch öffentlich sein. Lassen wir zu dieser Sitzung des Sozialausschusses die Öffentlichkeit zu! Das aber haben die Regierungsparteien abgelehnt. Sie haben halt Angst davor gehabt, dass die Grausamkeiten einer größeren, breiteren Öffentlichkeit bekannt werden. – Das ist Ihr Demokratieverständnis, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)
Lassen Sie mich eine Maßnahme näher beleuchten, nämlich den Ambulanzkostenbeitrag. Aus medizinischer Sicht hat dies ja sehr erstklassig Herr Professor Grünewald erläutert, lassen Sie mich nun ein bisschen etwas zum Administrativen sagen. 150 S mit Überweisungsschein, 250 S ohne Überweisungsschein. Das heißt, Sie zwingen den Patienten – wenn er sich die 100 S ersparen will –, zum praktischen Arzt zu gehen. Dem Arzt muss er einen Krankenschein geben, und dieser verrechnet der Krankenkasse das Fallpauschale. Sie verursachen also zusätzliche Kosten, nur damit der Versicherte den Überweisungsschein bekommt und sich 100 S erspart.
Mit Ihrer Formulierung im Gesetzestext schaffen Sie extreme Rechtsunsicherheit. In zahlreichen Gesprächen mit Herrn Kollegen Haupt hat dieser mir immer wieder versichert, Sie wollen nicht, dass man für Kinder diesen Beitrag bezahlen muss. Er hat mir gesagt, unter Punkt 6 seien die Kinder ausgeschlossen. Jetzt habe ich aber schon viele, die das entsprechend lesen können und Rechtswissenschafter sind, zu diesem Punkt 6 befragt, der da lautet: "wenn Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden erforderlich sind, die außerhalb der Krankenanstalt (eigenen Einrichtung) in angemessener Entfernung vom Wohnort des (der) Versicherten nicht in geeigneter Weise oder nur unzureichend zur Verfügung stehen."