Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 34. Sitzung / Seite 42

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In der gesamten Vorgangsweise liegt eine tiefe Symbolik – und so wollen wir es auch verstehen –, eine Symbolik, die bedeutet: Es kann keine Rede davon sein, dass alle unsere Großväter, wie eine Vorrednerin gesagt hat, entsprechende Schuld trifft und dass diese auch eingestanden wird, sondern es geht um Versöhnung und Zusammenarbeit. Auch das ist dem Text des Gesetzes zu entnehmen.

Dass der Steuerzahler zahlen wird, ist klar, denn der Löwenanteil der hohen Summe, um die es geht, wird ja aus Budgetmitteln aufzubringen sein. Dass die Wirtschaft zur Kasse gebeten wird, wird nur in Einzelfällen eine Art Gerechtigkeit hinter sich finden, vielleicht dort, wo es um Projekte der so genannten Gemeinwirtschaft geht, wenn große Kraftwerke gebaut wurden, die den Krieg überlebt haben, dann schon, aber im normalen Wirtschaftsbereich, im Industriebereich wohl eher nicht. Wenn Kriegsgüter erzeugt wurden, die damals auf direktem Weg dem Krieg zugeführt wurden, dann ist ja kein Mehrwert übrig geblieben. Es ist gearbeitet geworden, es ist geschuftet worden, es ist verbrecherisch gearbeitet worden, und das, was erzeugt wurde, war in der nächsten Minute weg, hat jedenfalls den Krieg nicht überlebt. Dass da irgendjemand irgendetwas auf die hohe Kante gelegt hätte und man argumentieren könnte, dass er das jetzt zurückzahlt, ist eine Illusion, der man sich nicht hingeben darf.

Ich verkneife es mir auch, die Überlegung anzustellen, was mit der Firma des so berühmt gewordenen Herrn Schindler passiert wäre oder passieren würde, würde Herr Schindler noch leben oder würden seine Erben existieren und würde es die Firma noch geben. Auch er würde zahlen, nicht müssen, aber wahrscheinlich zahlen. Es wäre auch eine freiwillige Geste von ihm. Aber davon, dass Herr Schindler – "Schindlers Liste" des Herrn Spielberg – damit eine Schuld einbekannt und gutgemacht hat, könnte, glaube ich, wohl nicht die Rede sein.

Dass es keinen Rechtsanspruch in dieser Hinsicht gibt, wissen wir alle. Am besten weiß dies aber offenbar mein Anwaltskollege Fagan, denn ich habe selbst gehört, wie er erklärt hat, und zwar in Österreich erklärt hat, seine Qualität liege nicht darin, dass er rechtlich etwas durchsetzen könne, sondern seine Qualität liege darin, dass er vor dem Gerichtsgebäude, hat er gesagt, so viel Wind mache, dass den Betroffenen gar nichts anderes übrig bleibe, als zu zahlen. – Ich überlasse die Qualifikation dieser Beurteilung Ihnen allen selbst.

Vorbildwirkung ist verlangt worden, und Vorbildwirkung wird es, das hoffe ich zumindest, auch geben. Es gibt Gruppen, kleinere und größere, aus den verschiedensten Richtungen der Windrose, deren berechtigter Forderungen man sich, glaube ich, einmal annehmen sollte und müsste. Dazu gehören zunächst einmal die österreichischen Roma, die erst dieser Tage wieder in einer Dokumentation, die eindrucksvoll erscheint, ihr Schicksal, verbunden mit der Ortschaft Lackenbach und dem Lager, das es dort gegeben hat, in Erinnerung rufen. Sie haben natürlich keinen Fagan, der sich ihrer annimmt. Sie sind der Zahl nach relativ bedeutungslos. Das menschliche Leid jedoch ist genauso wie bei wesentlich größeren Opfergruppen. Also man sollte jetzt irgendwann einmal auch dafür sorgen, dass die Roma in den Bereichen, in denen sie noch keine, auch nicht symbolische, Anerkennungsbeträge bekommen haben, zum Zug kommen.

Es geht um die Österreicher – das ist von etlichen Vorrednern schon erwähnt worden –, die selbst Jahre, oft ein Jahrzehnt in Zwangsarbeit haben verbringen müssen und dort zugrunde gegangen sind, etwa in den Uranerzgruben in Joachimstal in Nordböhmen – Gottwaldov hat es dann geheißen. Dort ist kaum jemand lebend herausgekommen. Ungeschützt als Zwangsarbeiter, als Sklavenarbeiter unter Tage Uran zu schürfen – es reicht die Phantasie jedes einzelnen Abgeordneten und jeder einzelnen Abgeordneten aus, sich das auszumalen.

Es geht um jene, die viele Jahre hindurch in Kohlengruben in der damaligen Sowjetunion unter Tage – Frauen, vor allem Frauen, sind da eingesetzt worden – roboten mussten; und auch nach dem Krieg völkerrechtswidrig in Frankreich, das sich wahrscheinlich nicht gern daran erinnern wird.

Also auch diese Gruppen werden jetzt irgendwann einmal, bevor die Letzten gestorben sind, dranzukommen haben!


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