Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 36. Sitzung / Seite 207

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Hinsichtlich dieser Änderung wird zwar argumentiert, dass man damit ein sehr erstrebenswertes Ziel verfolgt, Tatsache ist aber, dass Sie damit etwas ganz anderes im Schilde führen. (Abg. Dr. Ofner: Glauben Sie wirklich, dass es bei einer solchen Schnackerlnovelle jemanden gibt, der etwas im Schilde führt?)  – Sie entspricht ja gar nicht Ihrem Vorschlag, Herr Kollege Ofner, sie trägt ja die Handschrift von Herrn Khol und von Frau Fekter! Das ist ja gar nicht Ihre Meinung! Sie haben in der Vergangenheit eine ganz andere Meinung vertreten! Warum verteidigen Sie Herrn Khol?

Worum geht es? – Mit der Novelle zur Strafprozeßordnung 1993 – das möchte ich Ihnen in Erinnerung rufen – haben wir einiges erreicht. Seither werden im Strafprozess neben der Wahrheitsfindung auch andere Prinzipien berücksichtigt. Im Mittelpunkt dieser neuen Prinzipien stand das Wohl des Kindes. Unter anderem kam es in diesem Zusammenhang auch zu einer Einschränkung der Anzeigepflicht. Seit damals ist in § 84 geregelt, dass man zur Anzeige nicht mehr verpflichtet ist, wenn – ich zitiere – "die Anzeige eine amtliche Tätigkeit beeinträchtigen würde, deren Wirksamkeit eines persönlichen Vertrauensverhältnisses bedarf".

Den Vertretern der Behörden und öffentlichen Dienststellen, denen das ermöglicht wurde, wurde im Zuge der Novellierung der Strafprozeßordnung 1993 gleichzeitig natürlich die Verpflichtung auferlegt, eine gewissenhafte Interessenabwägung vorzunehmen, wobei in jedem Einzelfall zwischen Opferschutz, effektiver Opferhilfe und Strafverfolgung sorgfältig abzuwägen ist.

Diese Einschränkung, die 1993 getroffen wurde, hat sich in der Praxis als sehr positiv herausgestellt und hat alle Erwartungen, die wir damals auch formuliert haben, tatsächlich übertroffen. Sie hat also ihren Zweck erfüllt. Es ist nämlich einerseits gelungen – das wissen alle aus der Praxis –, dass Betroffene und Opfer verstärkt Hilfsangebote auch deshalb in Anspruch nehmen können, weil diese Informationen vertraulich sind und diese Personen nicht zu befürchten haben, dass sie, wenn sie Hilfe gesucht haben, nach einer Beratung womöglich traumatische Vorgänge vor Gericht erneut darlegen müssen.

Zweitens ist es damit auch zu einer Sensibilisierung der betreffenden Berufsgruppen gekommen. Kollegin Stoisits hat schon darauf hingewiesen, dass diese zwei positiven Aspekte spätestens seit 1989, nämlich seit den Arbeiten der Begleitforschungsgruppe zur Reform der Anzeigepflicht im Ärztegesetz auf dem Tisch liegen.

Das heißt, um es konkret zusammenzufassen, dass sich die derzeitige Regelung des § 84 in der Praxis bewährt hat. Das wurde im Begutachtungsverfahren von der Mehrheit auch so zum Ausdruck gebracht, und daher ist eine Änderung unserer Auffassung nach nicht sinnvoll.

Die von der blau-schwarzen Regierung geplante Gesetzesänderung wird in der Realität keine Verbesserung des Opferschutzes bedeuten, vielmehr wird durch diese Regelung bewirkt werden, dass das hohe Vertrauen, das in den letzten Jahren in die Sozialarbeit gesetzt wurde, schwinden beziehungsweise in Misstrauen münden wird.

In Anbetracht dessen ist für mich und für die sozialdemokratische Fraktion klar, dass diese Neuregelung keinesfalls dem Opferschutz, sondern allein der Strafverfolgung dienlich ist, und daher wird es dazu von uns keine Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Dr. Pumberger: Logisch war Ihre Erklärung aber nicht!)

21.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. Er hat das Wort.

21.25

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Bures, mit der Novelle des § 84 wird ein Ziel verfolgt, nämlich der Schutz des Opfers und sonst gar nichts. Wenn Sie den Gesetzestext richtig lesen, dann werden Sie dort das Wort "erforderlichenfalls" finden. Und zwar ist eine Anzeige dann erforderlich, wenn sie im Sinne des Opferschutzes notwendig ist. (Abg. Mag. Stoisits: Das ist "absolut" notwendig!)


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite