Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 56. Sitzung / Seite 200

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Der große Wunsch nach dem e-voting ist in erster Linie aus den Reihen der ÖH an uns herangetragen worden. Die Diskussion, die Beratung und die Forderungen der Opposition, die vor allem wir gestellt haben, haben Gott sei Dank umfassende Abänderungsanträge ermöglicht. Diese werden leider nur von drei Fraktionen getragen. Wir können dem Antrag unter diesen Bedingungen, unter diesen Voraussetzungen auf jeden Fall zustimmen.

Allerdings stimmt mich die Entstehung etwas bedenklich. Die ursprüngliche Vorgangsweise war nicht die, die wir von der Opposition goutieren. Ein ÖH-Vorsitzender hatte gefordert und mit dem Ministerium verhandelt. Sehr schnell gab es einen Vorschlag, allerdings ohne breite Diskussion und ohne Begutachtung. Dieser Entwurf sah auch danach aus, er war unausgegoren, er war eher ein Modernisierungsgag als ein echter Vorschlag. Die Grundsätze des allgemeinen, gleichen, geheimen und persönlichen Wahlrechts wären mit diesem ersten Vorschlag wohl ausgehebelt worden. Ich darf den Regierungsvertretern jedoch konzedieren, dass sie die Bedenken der Opposition, der breiten studentischen Vertretung und des Datenschutzrates letzten Endes ernst genommen haben und den neuen Antrag mittragen.

Ich zitiere aus dem wichtigen Satz des Datenschutzrates und möchte das als Warnung für alle, die mit der Umsetzung des e-votings betraut sein werden, hier tun: Darüber hinaus spricht sich der Datenschutzrat aus demokratiepolitischen Gründen dafür aus, die Grundsätze eines persönlichen und geheimen Wahlrechts nicht aufzugeben. – Das habe ich vorhin mit "Systemsicherheit" gemeint. Wenn das nicht gesichert ist, dann darf es kein e-voting geben.

Aber diese Diskussionen konnten verhindern, dass "speed" wieder einmal hätte "killen" können. Unter diesem Aspekt sind wir froh, dass die Diskussionen stattgefunden haben.

Eine Forderung gibt es allerdings noch zu erfüllen; Frau Kollegin Brinek hat das ebenfalls schon angesprochen. Es gibt dazu diesen Entschließungsantrag. Ich bitte Sie, Frau Ministerin, diesen genauso ernst zu nehmen und so umzusetzen. Es muss klar sein, dass die Kosten bekannt sind, und außer Zweifel muss stehen, dass die Studierenden nicht dafür zahlen.

Das wären jetzt die positiven Punkte. Ich orte allerdings in der modernen Hochschulpolitik noch einiges, was zu tun wäre, und kann auch da wieder Ihrem Gemeinschaftsgefühl nicht ganz folgen, Herr Dr. Graf. Es ist nach wie vor die Vertretung der Studierenden an den FH nicht geregelt. Wir haben derzeit fast 20 000 Studierende, und hier wäre meiner Ansicht nach "speed" tatsächlich einmal gefragt, dass man auch dieser wesentlichen Gruppe von Studierenden die Möglichkeit der demokratischen Mitbestimmung für sich selbst gibt. Warum sie als Studierende zweiter Klasse zu belassen, ist nicht vorstellbar.

Ebenfalls eine wesentliche Bringschuld dieser Bundesregierung wäre Folgendes: Es ist nicht zeitgemäß und es entspricht auch nicht dem selbstverständlichen Anspruch aller in Österreich Studierenden, sich selbst vertreten zu dürfen, dass das passive Wahlrecht an die EWR-Staatsbürgerschaft gebunden ist und gebunden bleiben soll. An manchen Universitäten studieren 30 bis 40 Prozent HörerInnen aus dem Nicht-EWR-Ausland – zumindest jetzt noch. Wie das die ungerechten und für AusländerInnen doppelt hohen Studiengebühren verändern werden, werden wir erst sehen. Es droht auf jeden Fall ein Verlust an Weltoffenheit und Pluralität. Aber warum dieses demokratische Für-sich-Eintreten von der Staatsbürgerschaft abhängig sein soll, kann ich nicht nachvollziehen. Daher muss es ein nächster Schritt sein, diese selbstverständliche Verfassungsbestimmung zu beschließen.

Ich kann nicht nachvollziehen, warum der Antrag des Kollegen Niederwieser im Ausschuss keine Mehrheit gefunden hat. Wir können aus diesem Grund dem Ausschussbericht auch nicht zustimmen. Ich denke, dass ein Staat, der auf sein Demokratieverständnis stolz sein möchte, diesen Schritt auf jeden Fall tun müsste.

Darum vor allem an die Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsparteien: Auf zum Weltbewusstsein! Unser Antrag wird wiederkehren, und Sie werden dann die Chance haben, zu beweisen, dass Sie umgedacht haben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald. )

20.57


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