Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 56. Sitzung / Seite 254

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Verantwortlichkeit im Endeffekt als Vertrauensbasis wieder aufzubauen, soll dieser Untersuchungsausschuss nicht nur die Tätigkeit einzelner Personen, einzelner Minister aufdecken, sondern die gesamte Systematik dieser illegalen Praktiken lückenlos transparent machen. (Beifall bei den Grünen.)

Das kann nicht die Justiz. Das können nicht die Staatsanwaltschaften. Das können auch nicht die Gerichte. Es geht um die politische Verantwortung dafür, dass man jahrelang auf Grund von Versuchen, ein System zu protegieren und Lobbyisten zu begünstigen, kriminelle Praktiken übersehen und sich vielleicht dem Wunschdenken hingegeben hat, dass es nie über Einzelfälle hinausgehen wird und dass nie die ganze Dramatik sichtbar werden wird. – Es ist nun so weit. Ich denke, wenn man wirklich ernsthaft darüber nachdenkt, aus dieser ganzen Misere eine positive Konsequenz zu ziehen, dann gibt es keine andere Möglichkeit, als der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zuzustimmen.

Ich möchte noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen: Dies ist kein Antrag, der sich gegen eine einzelne Partei richtet. Der Hintergrund ist nicht ein politisches Scharmützel, sondern das ernsthafte Bestreben, Licht in dieses Dunkel zu bringen, das Tierschutzorganisationen aufgezeigt haben: in eineinhalbjähriger Recherchearbeit, mit viel verdeckter Ermittlung, mit unzähligen ehrenamtlichen Mitarbeitern, die mit Kameras, mit Fotoapparaten ausgerüstet waren, die ehrenamtlich versucht haben, eine Arbeit zu tun, die eigentlich die Arbeit des Gesundheitsressorts, der Veterinäraufsicht, der Aufsicht des Landwirtschaftsministeriums gewesen wäre. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)  – Danke, Herr Präsident.

In Wirklichkeit wäre dies nicht die Arbeit von NGOs gewesen, sondern die Arbeit einer politischen Verantwortlichkeit und einer politischen Kontrolle. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Schieder. )

Was Untersuchungsausschüsse betrifft, ist der Vorteil, dass die Opposition durch Kontrolle die Arbeit einer Regierung auch verbessern und optimieren kann, bis jetzt noch nicht in die Köpfe der Regierungsfraktionen eingedrungen. Dass Kontrolle im Sinne der Kontrollierten sein kann, dass sie insgesamt das Niveau, die Transparenz und Offenheit in einem politischen System verbessern kann, ist bis zum heutigen Tag noch nicht in die Köpfe der Regierungsfraktionen in diesem Lande eingedrungen.

Ich halte das jetzt für einen sehr guten, einen vorzüglichen Anlassfall, weil sich die Verantwortlichkeit wirklich breit durch das politische Spektrum zieht. Das wäre ein erster Anlassfall zur Untersuchung politischer Verantwortung in der Frage, wissentlich Gesundheitsgefährdung von KonsumentInnen zu dulden, wissentlich Umweltgefährdung zu dulden und wissentlich Systeme über mindestens 10, 15 oder 20 Jahre hinweg zu decken.

Ich bitte Sie, das zu bedenken, wenn Sie sich jetzt leichtfertig in Geplauder ergehen und den Antrag wahrscheinlich ablehnen werden. Ich bitte Sie, noch einmal zu bedenken, was für Sie als Regierungsfraktionen wirklich die Kriterien dafür sind, einem Antrag auf Untersuchungsausschuss zuzustimmen! Wenn es Kriterien wie diese sind: breite Verunsicherung einer großen Bevölkerungsgruppe, breite illegale Praktiken mit Vernetzungen zu Nachbarstaaten, sodass Interpol, Grenzfahndung, Zollfallen und so weiter eingeschaltet worden sind – was ist es dann, wenn nicht dieser Fall, der einen Untersuchungsausschuss wert ist? (Beifall bei den Grünen.)

Das müssen Sie mir wirklich erst erklären, wie weit es in Österreich kommen muss, damit Sie einem Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zustimmen!

Ein Letztes vielleicht noch: Ich habe Ihnen schon heute Vormittag die Zitate darüber vorgetragen, wie alt dieser Skandal ist. Er reicht zurück bis ins Jahr 1984. Seit diesem Jahr gibt es diese Zeitungsberichte und die Hinweise von Veterinären, von engagierten Tierärzten, von Umwelt- und Tierschutzorganisationen. Sie haben mittlerweile 15 Jahre lang Konsumentinnen und Konsumenten an der Nase herumgeführt und ein System einfach totgeschwiegen, das massive negative Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt und auch auf das Vertrauen von KonsumentInnen in diesem Land hat.


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