Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 59. Sitzung / Seite 20

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Chance zu begreifen, als Chance einer echten Dreisprachigkeit: in Deutsch, Englisch und in ihrer Muttersprache. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Diese Chance wurde bisher unvollkommen wahrgenommen, und in Zukunft wird sie überhaupt nicht mehr wahrgenommen. Was in der Volksschule versäumt wird, Herr Kollege Khol, ist später sehr schwer nachzuholen. Ich weiß nicht, in welche Schule Sie gegangen sind. (Abg. Dr. Khol: Haspingerstraße!) Haspingerstraße in Innsbruck; ich in Dreiheiligen. Ich habe sehr angenehme Erinnerungen an diese Schule (Abg. Dr. Khol: Ich auch!), streng, aber gerecht. Die Kinder, die dann die Chance hatten, ins Gymnasium zu gehen, wurden sehr gefördert. Ich habe eine angenehme Erinnerung an diese Schule, im Gegensatz zum Gymnasium. Was in der Volksschule versäumt wird, Herr Kollege Khol – und ich hoffe doch, dass Sie mir da zustimmen –, kann später sehr, sehr schwer wettgemacht werden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wenn Sie die KlassenschülerInnenzahlen erhöhen, wenn Sie die Zusatzangebote streichen, wenn Sie bei den Förderangeboten sparen, dann fördern Sie, um es ganz plakativ auszudrücken, die Bildung einer Hilfsarbeitergeneration in zehn, 15 Jahren.

Herr Kollege Khol – ich spreche Sie stellvertretend für die ÖVP-Fraktion an –, die ÖVP-Fraktion kann sich hier nicht die Hände in Unschuld waschen. (Widerspruch bei der ÖVP.) Der Herr Bundeskanzler persönlich nimmt die Angelegenheit immerhin so ernst, dass er hier anwesend ist.

8 Prozent eines Jahrgangs, eines Altersjahrgangs, machen nach dem Ende der Schulpflicht schon jetzt keine weiterführende Ausbildung mehr. Was wird aus diesen Menschen werden? Sie reden die ganze Zeit von Wissensgesellschaft, davon, dass das Wissen veraltet und so weiter, und da sparen Sie. Das ist schon allein aus wirtschaftlichen Gründen ein Unfug, von moralischen Kategorien ganz abgesehen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich kann mich hier nur auf einzelne Ausschnitte des Bildungssektors beschränken, insbesondere die Pflichtschulen, die Universitäten und, wenn mir die Zeit bleibt, den Forschungssektor. An den Universitäten ist es etwas besser, das gebe ich zu, verglichen mit den Katastrophenjahren der späten neunziger Jahre. Das zeigen die Budgetdaten deutlich. Verglichen mit den Katastrophenjahren 1997 bis 1999 steigen die Budgetmittel der Universitäten an, und deswegen wählen Sie ja auch immer diesen Vergleich.

Aber ist das hinreichend, dass es jetzt besser ist als in den Katastrophenjahren 1997 bis 1999? Das genügt Ihnen? Haben Sie berücksichtigt, dass, verglichen mit dem Anfang der neunziger Jahre, der Anteil der Universitätsausgaben am Bruttoinlandsprodukt zurückgegangen und nicht gestiegen ist? Und wenn Sie den Personalaufwand allein anschauen: Da zeigt sich exakt das gleiche Bild wie bei den Pflichtschulen. Der Personalaufwand wird eingefroren, und das kann nur heißen – dazu genügen simple Kenntnisse der Arithmetik –, dass Stellen gestrichen und/oder Einkommen der Universitätsangehörigen gekürzt werden. Das ist Ihre offensive Universitätspolitik!

Studenten, die jetzt mit 10 000 S Studiengebühren belastet werden, Assistenten, die im Rahmen der Dienstrechtsreform mit einer existentiellen Gefährdung konfrontiert werden, und Professoren, die mit Hunderten von vakanten Stellen konfrontiert sind: Das ist Ihre Bildungs- und Wissenschaftsoffensive? Haben Sie sich umgehört an den Universitäten, Herr Kollege Trattner zum Beispiel, weil Sie mich so nachdenklich anschauen? (Abg. Mag. Trattner: Ich horche Ihnen zu!) Ist es nicht Ihre Sache, sich umzuhören? Ist es nur Ihre Sache, ein Budget zu beschließen, das den Erfordernissen der Wissenschaft nicht gerecht wird?

An "meiner" Fakultät alleine – "meiner" natürlich unter Anführungszeichen –, Wirtschaftswissenschaften und Informatik der Universität Wien, sind acht ordentliche Professuren vakant. Ein bis zwei, sagt das Rektorat, können vielleicht besetzt werden. Vielleicht! In der Terminologie von Herrn Bundesminister Grasser handelt es sich da bekanntlich nicht um "Orchideenfächer". Es handelt sich nämlich um Betriebswirtschaft, Statistik und Volkswirtschaft. Wie mag es da erst an den "Orchideenfakultäten" aussehen – immer noch in der Terminologie von Herrn Bundesminis


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