Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 71. Sitzung / Seite 41

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Ich habe heute dem Herrn Bundeskanzler genau zugehört. Er hat klar gesagt, dass die Anti-Atompolitik der Regierung darin besteht, dass man die Wahl zwischen Atomstrom und einem nicht deklarierten – anderen – Strom hat. – Das ist wahrlich eine Bankrotterklärung, die ich mir in dieser Schärfe nicht einmal in dieser Debatte erwartet hätte! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Jarolim. )

Ich kann aber auch die Kollegen von der Sozialdemokratie nicht so ganz ungeschoren davonkommen lassen, denn wenn jemand sagt, dass der Kelag-Verkauf das Resultat der Regierungspolitik gewesen sei, dann kann er genauso gut behaupten, dass das Budgetdefizit Österreichs letzten Endes auf die Politik der Vereinten Nationen zurückzuführen sei. – Sich auf diese Weise aus der Affäre zu ziehen, das halte ich für nicht glaubwürdig. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn Herr Abgeordneter Schweitzer die Kelag-Lösung verteidigt, weil die Kelag dadurch nämlich eine Position am Markt einnehmen kann, die sie sonst nie erreichen würde, dann reißt das ja wirklich endlich einmal den Freiheitlichen in Bezug auf die Anti-Atompolitik die Maske vom Gesicht! (Abg. Mag. Schweitzer: Haben Sie den zweiten Teil nicht gehört?) Wenn es letzten Endes darum geht, eine Marktposition zu erobern, dann ist plötzlich alles gleichgültig, dann verkaufen Sie Kuh und Stall, dann ist alles Wurscht, dann gelten keine Prinzipien mehr! Die Argumentation, man müsse zuerst in den Atomstrom einsteigen, damit man dann beim Ausstieg dabei sein kann, ist geistiges Seifenkistenrennen, das ich in dieser Form nicht fortsetzen möchte. (Beifall bei den Grünen.)

Der erste Sündenfall war in Wirklichkeit schon die Steiermark – das ist ja bereits richtig gesagt worden –, der zweite Sündenfall jetzt ist Kärnten, und letzten Endes wird das, was wir wollten und was wir fordern, nämlich dass es überhaupt eine österreichische Lösung geben kann, die auch eine klare Deklaration für die Energiekunden zulassen würde, verunmöglicht. Sie sehen ja sehr deutlich, dass es in der Vergangenheit – seien Sie doch ehrlich! – in Wirklichkeit den schwarzen Landesgesellschaften nur darum gegangen ist, dem Verbund so wenig Felder wie möglich offen zu lassen. Das führte dazu, dass die Bundesländer zwei unterschiedliche Wege eingeschlagen haben.

Der eine Weg – der zum Beispiel auch in meinem Heimatland Tirol beschritten wird – ist der Weg des regionalen Monopols: Die Energiewirtschaft, im engeren Sinn Stromwirtschaft, sowie Gas, Kommunikation und auch noch als neues Geschäftsfeld Müllverbrennung und Wasser sollen in eine Hand kommen. Mit dieser regionalen Monopolstellung sollen sozusagen alle wesentlichen Versorgungsschienen abgedeckt werden.

Der andere Weg – der Weg der Kelag und der Weg der Steiermark – ist jener, sich in die Arme der Atomriesen zu werfen, ganz scheinheilig zu sagen, es werde ja noch nicht einmal die Hälfte von Atomstrom verkauft, und von Bundesseite her auch noch – und das kritisiere ich ganz besonders – die heiße Kartoffel der Kennzeichnung von Atomstrom an die Länder weiterzuschupfen! (Beifall bei den Grünen.) Damit wollten Sie nichts zu tun haben, Herr Minister!

Das ist aus meiner Sicht eine verlorene Chance gewesen, ...

Präsident Dr. Heinz Fischer (zur Rednerin): Bitte, das geht nicht.

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (fortsetzend): Danke, Herr Präsident! (Abg. Ing. Westenthaler: Was heißt: "Danke, Herr Präsident!"? Nehmen Sie das zurück!)  ... die Anti-Atompolitik glaubwürdig zu machen. (Abg. Ing. Westenthaler: Das geht nicht, Herr Präsident! Entweder sie nimmt es zurück, oder sie sagt "Danke!"!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Sie hat es zurückgenommen. Sie hat verlorene Chance sagen wollen. Ich hoffe, dass ich sie richtig verstanden habe.

Setzen Sie Ihre Ausführungen bitte fort, und ich bitte um ein bisschen mehr Vorsicht in der Ausdrucksweise. (Bundeskanzler Dr. Schüssel  – in Richtung der etwas ratlos erscheinenden Rednerin –: Verlog ene Chancen oder verlor ene Chancen?)


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