Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 80. Sitzung / Seite 67

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Mag. Kukacka: Professor Rotter hat schön öfters Unrecht gehabt! – Abg. Schwarzenberger: Auch Rotter kann Unrecht haben!)

Wenn ich dann die Aussendung der Frau Außenministerin von vor eineinhalb Stunden lese, in der sie sagt, das stimme nicht, das sei kein Krieg im völkerrechtlichen Sinn, dann kann ich nur sagen: Okay, kann schon sein, dass manche Völkerrechtler hier unterschiedliche Meinungen haben, aber wenn das Argument gebracht wird, dass das Regime der Taliban keine anerkannte Regierung ist und es deswegen sicher kein Krieg ist, wenn die Struktur dieses Regimes zerstört werden soll, frage ich mich schon, wie das zusammengehen soll, weil es sich hier schließlich um ein Land, ein Territorium handelt, das gewisse Strukturen hat.

Wenn jetzt klar gesagt wird, dass dieses Regime zerstört werden soll – und sagen Sie mir jetzt bitte nicht, ich sei für die Taliban; weit davon entfernt! –, dass jetzt diese Strukturen zerstört werden sollen und dieses Regime gestürzt werden soll, dann bedeutet das für Völkerrechtler Dr. Rotter ganz klar: Jetzt ist es ein Krieg.

Frau Außenministerin! Da stellt sich für mich jetzt schon die Frage: Wann ist es für Sie ein Krieg? Müssen da noch x Zivilisten sterben? Müssen noch einige Spitäler bombardiert werden? Müssen noch UNO-Stellen oder Rote-Kreuz-Stellen bombardiert werden? Wann ist es dann ein Krieg? Wann ist es dann ein Krieg für Sie? (Abg. Dr. Krüger: Genau so, wie Sie beim ehemaligen Jugoslawien argumentiert haben!)

Frau Ministerin! Hier sind Sie eine Antwort schuldig, und ich denke, die Position der Grünen in dieser Frage hat – wenn schon nicht früher, dann zumindest heute – eine zusätzliche völkerrechtliche Legitimation erhalten, von der Sie immer gemeint haben, die hätten wir noch nicht.

Zur Frage, wie es mit der österreichischen Außenpolitik aussieht, was hier an Initiativen gesetzt wird: Frau Ministerin, Sie haben ganz Recht, wenn Sie sagen, dass die Situation jetzt auch eine Chance für diplomatische Initiativen bietet, die Österreich setzt. Ich habe auch nichts dagegen, wenn es jetzt diverse Reisen von Ministern und Ministerinnen gibt, nur: Wo ist das Konzept dahinter? Wo ist das Konzept, wie Sie Konfliktprävention, Konfliktverhinderung, von der auch Sie immer sprechen, breiter umsetzen wollen? Einzelne Reisen sind da doch wohl zu wenig. (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Dr. Ferrero-Waldner. )  – Reisen sind schon wichtig, ich sage ja, ich habe nichts gegen die Reisen, nur fehlt mir das Konzept, das dahinter steht.

Und was auch noch fehlt – ich weiß schon, dass Sie das ähnlich ansprechen, aber da ist die Frage, wie Sie sich innerhalb der Bundesregierung durchsetzen werden –, das ist das dafür notwendige Budget. Wie wollen Sie denn in einer breiten außenpolitischen Offensive all das umsetzen, wenn es kein Geld dafür gibt – und wenn es noch etwas nicht gibt: Verteidigungsminister Scheibner hat gesagt, Österreich habe einen ausgezeichneten Ruf, vor allem in den arabischen Ländern. – Na ja, der Ruf stammt aus einer Zeit, in der der Bundeskanzler Kreisky hieß, und dieser Ruf ist in den letzten zehn bis 15 Jahren leider nicht wirklich ausgebaut worden. Da hat sich die österreichische Außenpolitik, auch noch unter dem jetzigen Bundeskanzler Schüssel, vorrangig auf die Europapolitik konzentriert, und alles andere war weit weg. (Neuerliche Zwischenbemerkung von Bundesministerin Dr. Ferrero-Waldner. )

Frau Ministerin! Ich weiß schon, dass Ihnen auch der Rest der Welt ein Anliegen ist, aber die Frage ist: Was heißt das denn wirklich für die österreichische Außenpolitik? Wo gibt es denn die großen Initiativen, die zum Beispiel sowohl im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit als auch im Bereich des wirklichen Engagements im Nahen Osten liegen? Da sind die einzelnen Reisen zu wenig, das ist ganz einfach zu wenig.

Was ich mich auch noch frage: Wie sieht es denn beim neuen Entwicklungshilfegesetz aus, das jetzt ins Parlament kommen wird? Wo bleibt denn gerade in Zeiten wie diesen – auch Sie haben gesagt: Das Gebot der Stunde ist die Armutsbekämpfung! – die massive Feststellung, dass das Außenministerium die Koordinationskompetenz für alle Bereiche der österreichischen Außenbeziehungen hat, nicht nur für die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit und nicht nur im


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