Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 83. Sitzung / Seite 23

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Weiteres Zitat: Ziel ist die Entwicklung von kommerziellen Reaktoren zur Energieversorgung Europas. – Und da stimmen Sie zu?!

Weiters heißt es hier – ich zitiere –: innovative Konzepte für neue Reaktoren-Generationen. – Reaktoren der neuen Generation sollen entwickelt werden, und zwar auch mit österreichischem Steuergeld!

Was mich sehr, sehr ärgert und was, glaube ich, jeden in Österreich sehr, sehr betroffen macht: Es hat überhaupt keinen Sinn, hier im Inland in der innenpolitischen Auseinandersetzung Anti-Atompolitik ausschließlich verbal zu betreiben, ausschließlich zu wettern und zu zetern, mit Vetos zu drohen, sich zu beschweren: Wir sind so isoliert!, und so weiter, wenn man sich dann bei den wesentlichen Weichenstellungen, bei den Entscheidungen, wo wirklich Ressourcen für die nächsten Jahre gebunden werden, in einer Art und Weise verhält, dass man nicht einmal einen Mucks macht, keinerlei ernst zu nehmenden Widerstand leistet.

Was mich besonders betroffen macht, ist, dass sich das nicht nur auf Regierungsebene abspielt, sondern auch im Europaparlament, und ich möchte Ihnen dazu Folgendes erzählen:

Dieses Milliardenprogramm, diese Milliardenspritze für die Nuklearwirtschaft, für die Atomwirtschaft in Europa, wird natürlich von vielen Stellen massiv bekämpft. Es ist gelungen, dieses Programm um 100 Millionen € zu reduzieren. Es war die grüne EU-Kommissarin, die es geschafft hat, diese Förderung um 100 Millionen € zu kürzen. Und was ist im Europaparlament passiert? – Mit den Stimmen der ÖVP hat man diese 100 Millionen € wieder dazugelegt!

Man muss sich das vor Augen halten: In der entscheidenden Phase des Temelín-Widerstandes stimmen die ÖVP-Abgeordneten im Europaparlament für eine Erhöhung der Mittel für die Atomforschung, für eine neue Finanzspritze – und das bitte noch vergangene Woche! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das ist doch der Gipfel an Unglaubwürdigkeit – und das zeigt einen wesentlichen Teil Ihrer heuchlerischen Anti-Atompolitik. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Nun ist es fast zu spät: Die Beschlussfassung dieses Milliardenprogrammes für die Atomwirtschaft wird am 10. Dezember endgültig über die Bühne gehen. Beim vergangenen Forschungs-Ministerrat war Bundesministerin Forstinger dort, und ich glaube, sie hat sich zwar verbal darüber beschwert, dass das so ein atomfreundliches Programm ist, aber die entscheidende Frage, ob es ein Nein Österreichs geben wird, ist offen.

Ich appelliere an Sie – das erwarte ich mir von Ihnen, auch im Sinne einer konsistenten und konsequenten Anti-Atompolitik –, solche Programme in Zukunft entweder zu ändern – oder abzulehnen! Für die österreichische Bevölkerung ist nicht nachvollziehbar, warum sie eine halbe Milliarde Schilling an Steuergeld in neue Reaktorengenerationen zahlen soll – und warum Sie nicht fähig sind, beispielsweise ein Ausstiegsangebot an Tschechien zu richten! Das wäre ein guter Vorschlag; damit könnten wir schon zu arbeiten anfangen. (Beifall bei den Grünen.)

Entgegen den Behauptungen der ÖVP, die immer sagt, da gehe es ja nur um Sicherheit, da gehe es ja nur um Abfallbehandlung, geht es in Wirklichkeit um etwas ganz anderes, nämlich um das Überleben einer Industrie, die sich in Westeuropa – auf Grund des Widerstands der Bevölkerung! – eigentlich nicht mehr halten kann, die nach Osteuropa abwandert, die dort Reaktoren wie Mochovce und Temelín aufrüsten will: als Prototypen für weitere Kraftwerke in Mittel- und Osteuropa. Und da in Westeuropa keine neuen Atomreaktoren mehr gebaut werden, ist das nur mehr eine Frage der Zeit. Es geht also um das Überleben der Atomwirtschaft.

Solche Projekte, wie eben dieses: weitere 17 Milliarden Schilling und weitere 500 Millionen Schilling österreichischen Steuergeldes, verlängern das Leben der Atomwirtschaft in Europa. Und deswegen ist es so sehr kritikwürdig und absolut unverständlich, dass Sie nicht schon im Vorfeld versucht haben, das zu verhindern. (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte auch an die beiden Ministerinnen Forstinger und Gehrer die Frage richten: Werden Sie nun bei der endgültigen Beschlussfassung eine ernsthafte österreichische Anti-Atompolitik


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