Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 83. Sitzung / Seite 38

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Frau Bundesministerin! Das, was Sie hier gesagt haben, macht für mich das Ganze noch ärger. Sie sagen – das wurde hier verlesen –, Sie deponieren dort mündlich, Sie lassen protokollieren, Sie seien ganz heftig gegen weitere Mittel für Euratom, für neue Reaktoren. Aber was tun Sie? – Im Euratom-Vertrag ist genauso wie bei Beitrittsverhandlungen die Einstimmigkeit verankert. Ich habe jedoch kein Wort von einem Veto gehört, im Gegenteil: Das Budget wurde mit den Stimmen der Konservativen um 100 Millionen € aufgestockt.

Besonders bemerkenswert ist, dass ein Jahrzehnt lang de facto keine Euratom-Kredite für den Ausbau – nicht den Rückbau, den Ausbau!  – von AKWs vor allem in Osteuropa flüssig gemacht wurden. Jetzt, seit dem Jahre 2000 – es mag ein Zufall sein, dass sich das mit der Zeit dieser blau-schwarzen Regierung deckt –, gibt es auf einmal das Füllhorn für den Ausbau der AKWs.

Frau Bundesministerin! Sie wissen: Es gibt neue Mittel für Kosloduj 5 und 6, neue Mittel für die schon erwähnten Tschernobyl-Ersatzreaktoren – Tschernobyl! – K2/R4 und weitere Projekte, nämlich Kalinin 3 in Russland sowie Cernavoda in Rumänien – die Kolleginnen und Kollegen von dort sind leider nicht mehr anwesend.

Sie verlangen auf einem unverbindlichen Papier den Rückbau und geben gleichzeitig das große Geld für den Ausbau. (Die Rednerin nimmt mehrere Geldscheine aus dem Karton und hält sie in die Höhe.) Diese Unehrlichkeit ist es, die wir anprangern! (Beifall bei den Grünen.)

Nicht vor 30 Jahren, sondern heute und hier haben Sie das Wort "Veto" immer nur im Zusammenhang mit osteuropäischen Nachbarn im Munde. Anders verhält es sich, wenn es um große und mächtige Atomkonzerne geht. Ich werde Ihnen sagen, wer die Nutznießer dieses Ausbaus, eines Ausbaus mit österreichischem Geld, sind: Das sind in diesem Zusammenhang vor allem die Firmen Siemens und Framatome.

Diese Firmen sind mächtig, sie haben einen langen Arm, sind auch in Österreich wohl verankert und kaufen sich in das Energiebusiness immer mehr ein. Dazu habe ich aus Ihrem Mund noch kein Wort gehört, dass Sie das nicht mehr möchten. Es lässt sich leicht auf ein Blättchen Papier schreiben, dass Sie eigentlich ganz stark dagegen sind – aber die Finanzspritze kommt dann doch.

Herr Bundeskanzler! Ich bin wirklich erstaunt darüber, was Sie uns heute hier gesagt haben. Sie haben genauso wie ich die Zahlen aus dem Euratom-Budget vor sich liegen: Kernfusion: 700 Millionen €; und dann – ich lasse jetzt einiges aus dem Titel aus –: Reaktoren der neuen Generation: 330 Millionen €.

So sieht Ihr Ausstieg aus der Atomenergie aus? – Wir sehen das anders! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich komme nun zur Vetopolitik. (Abg. Dr. Pumberger: Waren Sie auch bei der Hausbesetzung dabei?) Sie wissen ganz genau, warum Sie das Veto nur in Richtung Osteuropa und die Finanzspritze auf die westlichen Konzerne ausrichten, nämlich um es den immer zahlreicheren Kritikern und Kritikerinnen der Atomkraft in Tschechien unmöglich zu machen, gemeinsam mit Österreich Temelín zu verhindern. Sie erzwingen einen Schulterschluss pro Kernenergie, Sie leisten das Gegenteil dessen, was Sie angeblich wollen, und besorgen wieder das Geschäft der Atomkonzerne. (Beifall bei den Grünen.)

In Sachen "Schulterschluss" sind Sie Expertinnen und Experten. Sie wissen, was Sie dort psychologisch auslösen und dass das genau das Gegenteil ist.

Herr Bundeskanzler! Rot-weiß-roter Konsens? Wenn ich mir Herrn Abgeordneten Bruckmann, Herrn Bundesminister Molterer und dann Herrn Abgeordneten Ing. Westenthaler anhöre, muss ich Sie fragen: Wo ist der Konsens? (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Mir fällt eigentlich nur Folgendes dazu ein – und das ist mein Schlusssatz –: Es war der niederösterreichische Landeshauptmann Pröll, der gesagt hat, er habe auch die Vetokarte im Ärmel.


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