Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 83. Sitzung / Seite 139

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Jetzt noch zu einigen Argumenten, die vorhin gekommen sind. Der Herr Bundeskanzler hat gesagt, dass wir hier nicht im Kabarett seien. Ich habe sehr stark den Eindruck gehabt, dass wir heute im Kabarett sind. Die Verweise auf das Jahr 1978, die Verweise darauf, dass der Großenkel oder die Großmutter von irgendjemandem dort irgendeinen Flugzettel verteilt hat, ist dermaßen abartig und für die zukünftige Atompolitik so etwas von bedeutungslos, das ist nur billige Polemik. (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Ich kann nicht nachvollziehen, warum Sie mit 1978 und 1985 kommen. Das ist den Österreichern völlig Wurscht. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Sonst hätten wir ein Atomkraftwerk, Frau Kollegin!)

Ich sage Ihnen Folgendes: Die Österreicher wollen eine Lösung für das Problem Temelín und nicht so ein kindisches Auftreten. Ich verstehe das nicht. Das ist Kabarett, andere Leute bezahlen dafür. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist eine Einstellung! Dann hätten wir Zwentendorf bereits! – Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer. ) – Lassen Sie mich fortsetzen!

Herr Westenthaler! Sie haben gesagt, die Kritik am Veto gegen das Tschechien-Volksbegehren sei eine Verhöhnung der Volksmeinung. (Abg. Ing. Westenthaler: Uns ist 1978 nicht Wurscht! Wir haben 1978 Zwentendorf verhindert! Sie wollten es aufsperren!) Jetzt sage ich Ihnen eines, Herr Westenthaler: Dass Sie sich hier so herstellen, Sie, die Sie nachweislich zwei der größten Volksbegehren, nämlich das Tierschutz-Volksbegehren und das Gentechnik-Volksbegehren, bei denen ohne Parteigelder Unterschriften gesammelt wurden, fallen gelassen haben, sobald Sie in der Regierung waren – das ist eine Verhöhnung von Volksrufen und von Volksmeinung! –, das ist wirklich empörend! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Zum Tierschutz-Volksbegehren möchte ich vielleicht noch einen Satz sagen: Einen Monat, nachdem Sie in die Regierung kamen, Herr Westenthaler ... Sie brauchen jetzt nicht zur Ablenkung versuchen, in Zeitungen zu blättern, weil Ihnen dieses Thema unangenehm ist. (Abg. Ing. Westenthaler: Jemand, der sagt, 1978 ist mir Wurst, hat in der Atompolitik nicht einmal irgendetwas zu sagen! Ist Ihnen 1978 egal? Gut zu wissen!) Wenn man die Volksmeinung ernst nimmt, dann muss man auch so einen Aufschrei der Bevölkerung ernst nehmen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Warum kramen Sie in der Vergangenheit?)

Ein Monat, nachdem Sie in der Regierung waren, haben Sie das eiskalt abgelehnt. Eiskalt! Über 600 000 Unterschriften! Deswegen sind Sie so wenig glaubwürdig, wenn es um solche direktdemokratischen Instrumente geht. (Abg. Ing. Westenthaler: Ihnen ist 1978 egal! Es ist Ihnen egal!) Mir ist 1978 gar nicht egal. Ich möchte nur eines noch einmal hervorheben: Für die jetzige Debatte ist das ein reiner Kabarettbeitrag und kein sachlicher Lösungsbeitrag für die Zukunft. Das ist reine Polemik, weil Sie sich mit der SPÖ unbedingt im Zweikampf messen müssen, hat aber mit einer Orientierung an Sachlösungen, die andere Parteien hier versuchen, absolut nichts zu tun. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Da ging es um Zwentendorf! ...! Ist Ihnen das egal?)

Ich gehe jetzt weiter mit meinen Argumenten. – Herr Bundeskanzler! Die Erfolge der ÖVP in der Atompolitik sind bescheiden. Es tut mir sehr Leid. Bohunice hätte schon seit dem Jahr 2000 stillgelegt werden sollen; das stand in der Regierungserklärung der slowakischen Regierung. Sie haben im Europäischen Rat mit zugestimmt, dass die Stilllegungsphase auf 2006 beziehungsweise 2008 verlängert wird – und das beim gefährlichsten Kraftwerk überhaupt, dem ältesten Reaktortyp, den es nach Tschernobyl in West- und Osteuropa überhaupt gibt. Das war ein ziemlicher Misserfolg. Mochovce ist in Betrieb gegangen. Temelín wird in Betrieb gehen, wenn Sie diese Sackgassenpolitik weiter fortsetzen. (Zwischenruf des Abg. Haigermoser. )

Wir haben eine Lösungsstrategie vorgelegt. Ich beschreibe sie noch einmal in ihren Eckpunkten und referiere hier in Grundzügen den Entschließungsantrag der Abgeordneten Van der Bellen, Glawischnig, Freundinnen und Freunde, der schriftlich vorliegt. (Abg. Haigermoser: Kommen Sie zur Sache!)

Unsere Lösungsvariante hätte so ausgesehen: Grundsätzlich tritt Österreich "für den europaweiten Ausstieg aus der Kernenergie" ein, sorgt dafür, dass die entsprechenden Voraussetzungen sowohl rechtlicher als auch finanzieller Natur getroffen werden und ist auch bereit, dazu


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