Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 83. Sitzung / Seite 168

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wendig für die EU. Und jetzt debattieren wir über diesen Vertrag zu einer Zeit, wo so gut wie keine Journalisten mehr anwesend sind. Ihnen war es viel wichtiger, während der gesamten Fernsehübertragungszeit die Verwaltungsreform, die ja nicht wirklich der große Wurf war – das haben wir vorhin schon kritisiert –, zu präsentieren. Die Ratifizierung des Vertrages von Nizza, die Ihnen so wichtig erschienen ist, behandeln wir am Abend, am besten erst gegen Mitternacht, sodass es fast niemand mehr mitkriegt.

Liebe ÖVP! Das ist nicht wirklich der große Wurf in der Europapolitik, und das ist einer der Punkte, an dem zu erkennen ist, dass Sie in der Europapolitik anscheinend auch sich selbst nicht mehr sehr wichtig nehmen. (Beifall bei den Grünen.)

Zum Nizza-Vertrag selbst. Die Entstehungsgeschichte dieses Vertrages ist eine des Scheiterns: Da setzen sich Regierungsmitglieder des Nächtens in Nizza zusammen und versuchen, am Interessenbasar der nationalen Interessen ein Stückchen da, ein Stückchen dort für sich zu bewahren, und sagen dann nachher: Das ist der große Wurf für dieses Europa!

Herr Bundeskanzler! Sie haben es schon geschafft, die österreichischen Interessen dort zu wahren. Es ist Ihnen nämlich gelungen, so wie einigen anderen auch, durchzusetzen, dass Österreich ganz sicher einen einzigen Kommissar weiter behalten wird. Vielleicht ist es auch einmal eine Kommissarin. Aber diesen einen Kommissar, der Österreichs Interessen in Brüssel vertreten soll – der Herr Bundeskanzler ist jetzt nicht mehr da –, Herr Staatssekretär, diesen einen Kommissar müssen wir für uns bewahren, damit er unsere Interessen vertritt! – Ich glaube, auch hier haben Sie ein verfehltes Bild der Europapolitik. Die Kommissare sind nicht dazu da, die nationalen Interessen Österreichs zu vertreten, sondern die sind dazu da, die Interessen dieser Europäischen Union zu wahren! (Beifall bei den Grünen.)

Hier ist es wohl so, dass die nationalen Interessen gewonnen haben und nicht die der Europäischen Union.

Uns Grünen ist natürlich die Erweiterung der Europäischen Union ein ganz zentrales Anliegen, und das ist auch der Grund, warum wir – trotz aller Bedenken, trotz aller Schwierigkeiten, die diese mangelnde Institutionenreform bisher mit sich gebracht hat – diesem Vertrag heute zustimmen werden. Es ist uns zum Glück im Rahmen der Vorbereitungen hier in Österreich gelungen – und das lege ich jetzt sozusagen in unsere Schublade –, den Bundeskanzler, die ÖVP, vielleicht auch die Freiheitlichen davon zu überzeugen, dass ein Modell eines Konventes, wie schon bei der Grundrechtscharta ein Konvent erfolgreich damit befasst wurde, jetzt auch für den so genannten Post-Nizza-Prozess eingeführt wird.

Ich kann mich erinnern, dass sowohl die Außenministerin als auch der Bundeskanzler zu Beginn von einem offenen Konvent gesprochen haben, so einem, wo alle ein bisschen mitdiskutieren, die Parlamentarier, der Rat, die Kommission, auch ein paar NGOs und so weiter – und dann suchen sich die Regierungsmitglieder zum Schluss halt das heraus, was sie wollen.

Mittlerweile – und ich denke, das ist auch ein Erfolg unsererseits – sagt auch der Bundeskanzler: Einem Konvent müssen Parlamentarier, Ratsmitglieder, Kommissionsmitglieder und auch Vertreter der Beitrittsländer angehören, denn sie werden danach der EU angehören und sollen mitreden können in der Frage, wie diese Europäische Union in Zukunft aussehen soll. Sie in diesen Prozess mit einzubinden ist notwendig. Hier haben wir einen Punkt erreicht, der mit eine Basis dafür ist, dass wir heute diesen Vertrag ratifizieren werden.

Wo es nicht so gut aussieht und wo wir nicht zustimmen können, das ist beim Drei-Parteien-Antrag, der vorbereitet wurde. Ich werde Ihnen auch sagen, warum: Es stehen zum einen die siebenjährigen Übergangsfristen drinnen. Es wurde schon vom Herrn Bundeskanzler gesagt, dass man diese Meinung vertreten kann, aber die ÖVP vertritt sie halt nicht. Für uns sind diese siebenjährigen Übergangsfristen auf jeden Fall abzulehnen. Das ist einer der Hauptgründe – auch in der Verkehrspolitik gibt es ein paar Dinge –, warum wir diesem Entschließungsantrag nicht zustimmen werden, denn da wird sowohl von Seiten der Sozialdemokraten als auch von


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