Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 107. Sitzung / Seite 223

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nisse verbunden. Im Hinblick auf die gesetzlich verankerte generelle Subsidiarität sämtlicher militärischer Befugnisausübungen gegenüber solchen der Sicherheitspolizei (§ 2 Abs. 2 MBG) wird insbesondere auch diesbezüglich in keiner Weise in die Zuständigkeit der Sicherheitspolizei eingegriffen.

Schließlich soll auch für die militärischen Nachrichtendienste die für die Sicherheitspolizei bereits im Jahr 1999 (§ 53 Abs. 3a SPG) eingeführte Möglichkeit zur Eruierung bestimmter "Stammdaten" von Teilnehmern am öffentlichen Telekommunikationsverkehr eröffnet werden. Auf die Normierung der im polizeilichen Bereich ebenfalls zulässigen Erhebung von "Ermittlungsdaten" kann im Bereich der militärischen Nachrichtendienste verzichtet werden, da bei einem laufenden Angriff gegen militärische Rechtsgüter ohnedies gemäß § 2 Abs. 2 MBG die Sicherheitsexekutive grundsätzlich zur weiteren Veranlassung zuständig ist. Im Hinblick auf die geringfügige Zahl der diesbezüglich zu erwartenden Anfragen militärischer Dienststellen erscheint die Normierung einer kostenlosen Zur-Verfügung-Stellung der betreffenden Angaben vertretbar. In verfassungsrechtlicher Hinsicht ist im Zusammenhang mit dieser Befugnis zu bemerken, dass diese Datenermittlungsregelung das Fernmeldegeheimnis nach Art. 10a StGG in keiner Weise berührt. Dieses Grundrecht umfasst nämlich nach der herrschenden Lehre nur die sog. "Inhaltsdaten" eines Telekommunikationsverkehres (das sind lediglich die Inhalte übertragener Nachrichten); derartige Daten sollen jedoch keineswegs der geplanten Übermittlungsverpflichtung unterliegen. Der ebenfalls relevante Art. 8 EMRK betreffend das Gebot zur Achtung des Privat- und Familienlebens sieht in seinem Abs. 2 eine ausdrückliche Beschränkung dieses Grundrechtes vor, soweit dies "in einer demokratischen Gesellschaft zur Verhinderung von strafbaren Handlungen bzw. für die nationale Sicherheit notwendig" ist; damit ist auch dieser (einfachgesetzliche) Eingriff verfassungsrechtlich uneingeschränkt zulässig.

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. – Bitte.

21.56

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestern hat die Mehrheit des Nationalrates die Einführung eines der ÖVP nahe stehenden polizeilichen Spitzelsystems beschlossen, heute soll ein der Freiheitlichen Partei nahe stehendes militärisches Spitzelsystem beschlossen werden.

Ersparen Sie mir die Überlegungen, was besser und was schlechter ist. (Zwischenruf der Abg. Wochesländer. ) Eine Demokratie braucht grundsätzlich keine bezahlten Spitzel und auch keine Spitzelsysteme, die bestimmen politischen Parteien nahe stehen und in ihrem Interesse aufgestellt werden. (Abg. Jung: Das ist richtig! Eine Demokratie braucht Informationsbeschaffung! Abg. Großruck: Aber Donnerstagsdemonstrationen brauchen wir! Tun’s die auch bespitzeln?)

Zweiter Punkt: In diesem Abänderungsantrag wird auch präzisiert, dass die gefälschten Personendaten, die gefälschten Urkunden und die gefälschten Ausweise bereits für das Vorfeld verwendet werden sollen (Abg. Zellot: Es gibt keine gefälschten Urkunden!)  – also nicht für konkrete Einsätze, wenn irgendetwas passiert, sondern – wie es bei Spitzelsystemen, wie es bei den neuen österreichischen Stasis üblich ist – bereits dort, wo man einen politischen Verdacht hat. (Rufe bei der ÖVP: Das ist unerhört! Abg. Kiss: Diese paranoiden Verschwörungstheorien haben Sie doch schon gestern gesagt!) Dort sollen die Spitzel von Herrn Minister Scheibner und Herrn Abgeordnetem Jung in Zukunft eingesetzt werden. Deshalb verstehe ich auch, warum das normale parlamentarische Vorgehen hier nicht eingehalten wurde. (Abg. Kiss: Das ist doch offensichtlich, dass Sie paranoid sind!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Kiss! (Zwischenrufe bei der ÖVP. Abg. Ing. Westenthaler: Er hat ja Recht! Ruf bei der ÖVP in Richtung des Abg. Dr. Pilz : Er sagt Stasi! – Abg. Edlinger: Vertragen Sie die Wahrheit nicht? Abg. Silhavy: Aber stimmen tut es!) Ich bitte Sie, das Wort "paranoid" nicht zu verwenden! (Heftige Zwischenrufe bei der ÖVP.)  – Das müssen Sie politisch austragen, aber doch nicht mit solchen Worten! (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)


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