Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 109. Sitzung / Seite 57

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nen. Ob das dem Anspruch entsprechen wird, den Wohlstand in Österreich, den wir uns alle gemeinsam erarbeitet haben, zu erhalten, wage ich zu bezweifeln. (Beifall bei den Grünen.)

Nächster Punkt in diesem Konzept des "Neu Regierens": "Neu Regieren" heißt Ignorieren von jenen Kreisen in der Bevölkerung, die sich mit diesen Themen beschäftigen, beispielsweise die Kirchen mit ihren Stellungnahmen und Forderungen zum Integrationskonzept, beispielsweise zivilgesellschaftliche Einrichtungen, die NGOs, die seit Jahren und Jahrzehnten im Fremden- und im Asylbereich tätig sind. Diese Kompetenz, diese Erfahrung, die über Jahre erworben wurde, werden nicht einmal ignoriert! Jenseits von Kirchen und NGOs gibt es den Menschenrechtsbeirat, der Herrn Bundesminister Strasser in menschenrechtlichen Angelegenheiten beraten soll, was seine einzige Aufgabe ist. Der Menschenrechtsbeirat macht Vorschläge. Was macht der Herr Minister in der vorliegenden Novelle? – Er ignoriert sie!

Nur um drei Punkte herauszugreifen: Schubhaft für Minderjährige wird in diesem Land weiterhin möglich sein – entgegen den zahlreichen und oft geäußerten Vorschlägen des Menschenrechtsbeirates. Die Tatsache, dass es gezwungenermaßen Altersfeststellungen mittels Röntgen geben wird, wird in diesem Land weiterhin möglich sein. Minderjährige haben nicht jenen Rechtsschutz in fremdenrechtlichen Angelegenheiten, wie es beispielsweise die Kinderrechtskonvention vorsieht.

Meine Damen und Herren! Mein Resümee über das Paket, über das wir heute reden und das die Regierung als Paket bezeichnet, ist, dass es um Integration ohne soziale und politische Rechte, ohne jegliche soziale und politische Rechte geht. Das heißt über kurz oder lang, dass wir immer mehr rechtlose und ins soziale Out gestellte Zuwanderinnen und Zuwanderer, kurzfristig beschäftigte Ausländer in diesem Land haben werden, die diese Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander reißen werden. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Integration ist ein beidseitiger Prozess, und Integration ist nicht reduzierbar, wie uns diese Bun-desregierung mit ihrer Zwangsintegrationsvereinbarung, durch diese Form des Oktroyierens, des Aufzwingens von Sprachkursen glaubhaft machen will, auf das bloße Erlernen der Sprache. Integration ist ein beidseitiger Prozess. Sprache ist wichtig. Die Sprache des neuen Heimatlandes, des Gastlandes zu beherrschen halte ich für ein unschätzbar wichtiges und wertvolles Gut im Integrationsprozess. Deshalb ist es uns auch so ein großes Anliegen, dass hier die Politik Angebote bietet und Anreize schafft. Dass der Spracherwerb umso besser gelingt, je größer der Respekt vor der ursprünglichen Sprache der Zuwanderer ist, je größer die Unterstützung ist, das ist etwas, was von Wissenschaftern bestätigt ist, das ist völlig klar, niemand stellt es in Abrede – außer der österreichischen Bundesregierung mit diesem Integrationspaket.

Dass Zuwanderer, die sich auf Dauer in Österreich niederlassen, Deutsch lernen müssen und vor allem Deutsch lernen wollen, haben sie in der Vergangenheit vielfach unter Beweis gestellt. Aber die Bedingungen für erfolgreichen Spracherwerb können nicht Strafe, Geldstrafe, Ausweisung oder Abschub aus diesem Land heißen. Wenn jemand glaubt, dass man mit der Androhung der Ausweisung oder der Abschiebung aus Österreich Motivation, Impetus oder Anreiz schafft, die Sprache zu erlernen, dann ist er wirklich auf dem absoluten Holzweg. Genau das Gegenteil wäre notwendig! (Beifall bei den Grünen.)

Ich widme dieser Frage der Deutschkurse deshalb so viel Zeit, weil es jener Punkt ist, bei dem die Regierung dieses Signal, das für erfolgreiche Integrationspolitik in Österreich so notwendig wäre, nicht aussendet. Das Signal wäre so einfach, das Signal müsste heißen: Wir wollen Zuwanderer. Zuwanderer in Österreich sind ein Teil der österreichischen Gesellschaft, und deshalb geben wir ihnen die Möglichkeit, sich hier zu integrieren.

Aber das Signal, das die Regierung ausstößt, das lautet: Raus mit ihnen, wenn sie nicht binnen einer Frist Sprachkurse über 100 Stunden vorweisen können! Das ist das falsche Signal, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen.)


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