Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 115. Sitzung / Seite 203

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Trotzdem möchte ich alle Menschen, die immer wieder die Arbeit auf sich nehmen, eine Bürgerinitiative einzubringen – weil sie ganz einfach ihrem Unmut Ausdruck verleihen wollen, weil sie nicht zufrieden sind mit manchem, was in diesem Land geschieht –, ermutigen, das auch in Zukunft zu tun, denn ich weiß aus meiner eigenen Erfahrung, aus der Situation behinderter Menschen, dass nur diejenigen, die immer wieder aufzeigen, wo es Schwächen im System gibt, auch wirklich eine Chance haben, dass sich etwas verändert, auch wenn es oft lange dauert. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zu schweigen bedeutet zuzustimmen, und Zustimmung allein kann Probleme in unserem Land nicht lösen! Es ist wirklich sinnvoll, an seinen Forderungen dran zu bleiben und wirklich aufzuzeigen, wo die Ungerechtigkeiten liegen.

Wogegen sich die Bürgerinnen und Bürger wehren, zeigt zum Beispiel die Bürgerinitiative Nr. 26. Soweit ich in Erinnerung habe, ist sie im Februar oder März eingebracht worden. Es ist dies die Bürgerinitiative "Unverzügliche Neuwahlen." Wir haben sie im Ausschuss behandelt, und es hat sich eine mittlere Katastrophe angebahnt. Von den Vertretern der Regierungsparteien wurde nämlich gesagt: Das kommt überhaupt nicht in Frage! Wo sind wir denn?! Wir leben in einer Demokratie! Wir wollen nichts damit zu tun haben!, und es wurde daher von dieser Bürgerinitiative mit den Stimmen der ÖVP und der FPÖ Abstand genommen. Das heißt, sie wurde nicht einmal diskutiert. – Aber die zeitliche Entwicklung ist manchmal schneller, und heute, da wir diese Bürgerinitiative besprechen, hat sich deren Forderung erfüllt, sie hat sich inzwischen von selbst erledigt. Es gibt Neuwahlen!

Ich danke allen, die eine Bürgerinitiative einbringen, dafür, dass sie nicht aufgeben, dass sie hinter ihren Forderungen stehen und das auch immer wieder laut sagen, dafür, dass sie sich nicht zurückziehen und sagen: Es ändert sich eh nichts, lassen wir es bleiben! – Ihre Arbeit hat einen Sinn, und jeder hat das Recht und soll die Chance nützen, für seine Forderungen aufzustehen und zu kämpfen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Bürgerinitiative Nr. 26 ist eine – eine der wenigen –, die sich positiv erledigt hat. In allen anderen Bereichen sieht es viel, viel schlechter aus. Ich möchte nur einige wenige nennen, zum Beispiel die Petition betreffend die Aufnahme bisher nicht genannter Opfergruppen in das Opferfürsorgegesetz. Wie lange kämpfen wir Grünen schon dafür, dass wegen Homosexualität verfolgte und zwangssterilisierte Menschen auch im Opferfürsorgegesetz Berücksichtigung finden und endlich als Opfer anerkannt werden! Bis heute ist nichts geschehen, und zwar immer mit der Begründung, dass es ohnehin keine Überlebenden in dieser Opfergruppe mehr gibt.

Es mag schon zutreffen, dass diese Menschen die diesbezügliche Anerkennung nicht mehr erleben, aber ich glaube, wir sind es ihnen schuldig, dass sie als Opfer anerkannt werden. Es geht hier nur um einen symbolischen Akt, aber man ist nicht bereit, diesen symbolischen Akt für diese Opfergruppen zu setzen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das ist sehr traurig, denn ich meine, es ist schön langsam an der Zeit, dass man akzeptiert, dass es noch immer Opfergruppen gibt, die nicht anerkannt sind. Meine Damen und Herren! Diese Anerkennung würde unter dem Strich nicht einen einzigen Euro kosten, sondern hätte nur Symbolkraft, aber selbst diese Symbolkraft wird verweigert.

Ich meine, dass sich diesbezüglich in der nächsten Legislaturperiode wirklich etwas ändern muss. So dürfen wir mit unseren Opfern nicht umgehen! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Eine der Bürgerinitiativen betraf auch die Gleichstellung für Zivildiener. Seit es diese Bundesregierung gibt, geht es den Zivildienern schlechter denn je. Nicht nur, dass die Dauer des Zivildienstes auf zwölf Monate verlängert wurde, sondern es wurden auch die finanziellen Ressourcen für die Zivildiener, die ohnehin immer sehr, sehr gering waren, um mehr als 60 Prozent gekürzt.

Heute können nur mehr diejenigen Zivildienst leisten, die das Glück haben, eine Familie oder einen Bekanntenkreis zu haben, der sie in dieser Zeit, in der sie den Dienst an der Gemeinschaft leisten, finanziell unterstützt.


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