Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 28. Sitzung / Seite 101

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14.09

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wir schreiben das Jahr 2003, das ist das Europäische Jahr der Men­schen mit Behinderungen. Nach wie vor kommt es in unserem Land vor, dass zum Bei­spiel eine blinde Juristin nicht zur Richteramtsanwärterprüfung zugelassen wird, dass zum Beispiel Gruppen von behinderten Menschen aus Lokalen verwiesen werden oder dass einem Rollstuhlfahrer der Besuch des Parlaments anlässlich einer Sondersitzung verwehrt wurde, weil keine Begleitperson dabei war. (Abg. Großruck: Wo kommt das vor?) Menschen mit Behinderungen werden diskriminiert und massiv benachteiligt.

Meistens werden bei Menschen mit Behinderungen die Menschen selbst als das Pro­blem betrachtet. Von der Gesellschaft wird es immer als Ziel angesehen, die Beein­trächtigungen der Menschen mit Behinderungen durch Therapie oder Training auszu­gleichen, und nicht, die Rahmenbedingungen zu ändern.

Hohes Haus! Menschen haben ein Recht auf selbständiges Leben und gesellschaft­liche Teilhabe. Wir müssen die Unterschiedlichkeit und auch die Vielfalt im Mensch­sein – eben auch von Menschen mit Behinderungen – anerkennen und fördern.

Wesentlich ist, dass die Rahmenbedingungen geändert werden – Rahmenbedingun­gen in Fragen der Ausbildung, der Bildung, der Erwerbs- und der Einkommenssitua­tion. Es ist notwendig, dass auch behinderte Menschen mit ihrem Einkommen auskom­men können und dass die Teilhabe und der Zugang zum kulturellen und öffentlichen Leben sowie der Zugang zu Informationen gewährleistet sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Natürlich sind auch Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass behinderte Men­schen in die Berufswelt und in die Arbeitswelt integriert werden können und dort ihren Platz haben, aber auch der Zugang zur Politik und die demokratische Teilhabe müssen gewährleistet sein.

Alle vier Parteien haben heuer im Februar einem Antrag zugestimmt, dass zur Errei­chung der Gleichstellung behinderter Menschen in unserem Land ein Gleichstellungs­gesetz erarbeitet werden soll. Die Arbeitsgruppe wurde dann nicht im Bundeskanzler­amt situiert, sondern im Sozialministerium. Jetzt erhält diese Arbeitsgruppe jedoch den Auftrag der Bundesregierung, und ich denke, es ist ein wichtiger Punkt, dass diese Thematik sozusagen nicht in einem Fachministerium hängen bleibt.

Unserer Meinung nach ist es sehr wichtig, dass auch die legistische Einbindung des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramtes gewährleistet ist. Die legistische Ver­ankerung ist dringend notwendig, damit die Rahmenbedingungen ebenfalls auf gesetz­licher Ebene durchgesetzt werden können.

Hohes Haus! In Deutschland gibt es bereits ein Gleichstellungsgesetz. Die Eckpfeiler, die wir in der parlamentarischen Auseinandersetzung und Diskussion setzen wollen, müssen in die Richtung gehen, dass wir dort, wo es erforderlich ist, Sanktionen erar­beiten, dass wir die Sensibilisierung an den Anfang unserer Maßnahmen – auch unse­rer gesetzlichen Maßnahmen – stellen und dass wir in unserer Gesellschaft offensiv dafür eintreten, dass behinderte Menschen als gleichberechtigt anerkannt werden.

Es ist wesentlich, dass wir diese veränderten Rahmenbedingungen gesetzlich fest­schreiben, die dann nicht nur im heurigen Jahr gelten, sondern für das ganze Jahr­hundert.

Wichtig ist meiner Meinung nach auch, dass es eine Verbandsklage für Behinderten­verbände geben soll, damit diese die Interessen behinderter Menschen verstärkt durchsetzen können.

Entscheidend ist auch, dass wir bestehende Behörden für den Verfahrensweg nutzen können, damit diese Behörden, die schon im Umgang mit behinderten Menschen Er-


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