Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 29. Sitzung / Seite 157

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bogen dieser Art, nämlich den Fragebogen für Regierungsmitglieder, abgegeben. (Der Redner hält einen Fragebogen in die Höhe.) Auf Seite 3 oben gibt es eine ganz einfache Frage: Sind Sie freiberuflich tätig? – Herr Finanzminister, bei dieser Frage wurde unten von Ihnen angekreuzt: Nein. Und das ist die Unwahrheit! Sie haben in Ihrer Erklärung dem Nationalrat gegenüber schriftlich die Unwahrheit festgehalten und den Nationalrat offensichtlich vorsätzlich falsch informiert.

Das ist der Grund, warum Alexander Van der Bellen als unser Klubobmann in der Prä­si­diale darauf gedrängt hat, umgehend den Unvereinbarkeitsausschuss einzuberufen, um genau diese Frage zu klären. Und da ist etwas Eigenartiges passiert: Norma­lerweise wird einem solchen Ersuchen eines Klubobmanns stattgegeben, speziell dann, wenn es so gut begründet ist. In diesem Fall hat der Präsident nein gesagt und sich vor den Finanzminister gestellt und eine Aufklärung im Unvereinbarkeitsausschuss zumindest jetzt – ich kann es nicht für die Zukunft sagen – unmöglich gemacht.

Deswegen wiederhole ich unsere Forderung: Der Unvereinbarkeitsausschuss muss noch vor Tagungsende einberufen werden und tagen können (Beifall bei den Grünen und der SPÖ) und klären können, was mit dem Vortragenden, was mit seinen Hono­raren, was mit seiner freiberuflichen Tätigkeit und was mit der damit verbundenen Ver­letzung der Unvereinbarkeitsbestimmungen zu geschehen hat.

Ich glaube, Herr Finanzminister, Sie sind sich immer noch nicht ganz klar darüber, in welchem Bereich Sie sich längst bewegen. Ich habe das Gefühl – vielleicht täusche ich mich –, dass Sie im Gegensatz zu anderen Ministern, mit denen wir in der Ver­gangenheit als Opposition zu tun hatten, nicht den Funken eines Unrechtsbewusst­seins haben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich glaube, Sie verstehen gar nicht, worum es geht! Ich glaube, Sie haben nicht die geringste Ahnung, was Sie tun. Ich glaube, Sie haben eine völlig andere Vorstellung von Rechtsstaat, von Verfassungsmäßigkeit und sauberer Amtsführung als, so nehme ich an, ziemlich alle Mitglieder des Hauses und wahrscheinlich die meisten Mitglieder der derzeitigen Bundesregierung.

Ich glaube, Sie leben wirklich politisch, moralisch und rechtsstaatlich in einer anderen Welt. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Aber Sie auch!) Aber diese andere Welt ist nicht die Welt der österreichischen Bundesverfassung (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ihre auch nicht! ... Ihre Demagogie!), ist nicht die Welt des österreichischen Nationalrats, ist nicht die Welt der österreichischen Gesetze, sondern ist die Welt, in der nur eine Regel gilt: Gut ist, was Karl-Heinz Grasser und seinen Freunden nützt! Das ist die Welt der New Economy, das ist die Welt der Freunderlwirtschaft des Karl-Heinz Grasser, das ist die Welt, wo Gesetze außer Kraft gesetzt sind, wenn es den Freunden passt. Das ist die Welt von Stronach, das ist die Welt von Magna, das ist die Welt von ihrem Werkzeug Karl-Heinz Grasser. Das ist es, und darum geht es!

Das, Herr Finanzminister, ist der tiefere Grund, warum Sie längst für diese Republik und für diese Bundesregierung untragbar geworden sind. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Deswegen wiederhole ich noch einmal unsere Aufforderung: Herr Finanzminister Mag. Karl-Heinz Grasser! Ziehen Sie endlich die Konsequenzen, und treten Sie zurück, und ersparen Sie uns, jeden zweiten Tag auf einen neuen Grasser-Skandal zu stoßen! Egal, auf welchen Busch Sie klopfen, es kommt eine Grasser-Verwicklung heraus. Ich habe noch nie solche Recherchen erlebt. Es ist völlig egal, wo ich anfange, wenn ich in der Früh zu recherchieren beginne, habe ich zu Mittag die nächste Grasser-Affäre recherchiert. Es ist für Journalisten an und für sich eine wunderbare Zeit, aber für die Rechtsstaatlichkeit, für eine saubere Amtsführung und für eine verantwortungsbewuss­te Amtstätigkeit eines Finanzministers ist es leider eine besonders schlechte Zeit. Und


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