Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 43. Sitzung / Seite 32

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haben werden. Österreich hat ohnehin schon eine öffentliche Investitionsquote, die am unteren Ende der europäischen Skala liegt, und nun werden die Gemeinden durch diese Steuerreform um 300 Millionen € weniger bekommen – 300 Millionen €, die den Gemeinden abgehen, die ihnen fehlen, um zu investieren. Ich frage Sie: Woher kommt der Investitionsausgleich, meine Damen und Herren? Wer wird dafür aufkommen, dass der Investitionsausfall durch die Gemeinden nicht dazu führt, dass noch mehr Arbeits­plätze vernichtet werden. (Zwischenbemerkung von Bundesminister Mag. Grasser.)

Wenn der Herr Finanzminister jetzt auch sagt, wir seien gegen eine Steuerreform, dann sage ich ihm: Gegen diese Steuerreform, die zu spät kommt und der österreichi­schen Bevölkerung nichts bringt, muss man wirklich sein, denn die geht in die falsche Richtung! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Es stellt sich auch die Frage, zumal Sie diese Steuerreform ja ohne Gegenfinanzierung machen (Abg. Mag. Molterer: Das stimmt! – Abg. Scheibner: Wollen Sie das?) – bis zum heutigen Tag ist nicht gesagt worden, wie die Gegenfinanzierung aussieht –: Heißt das, dass die Bundesregierung im nächsten Jahr das Budgetdefizit mehr als ver­doppeln wird? (Abg. Großruck: Verdoppeln Sie einmal null!)

Wir stellen fest: Jene Regierung, die angetreten ist, ein Nulldefizit zu machen, verdop­pelt im Jahre 2005, obwohl Wirtschaftsaufschwung vorhergesagt wird, das Budget­defizit. Daher, meine Damen und Herren, haben Sie eine wesentliche Grundlage Ihrer Regierungspolitik verlassen, eine wesentliche Grundlage, die da geheißen hat: Null­defizit. Sie verdoppeln das Budgetdefizit, machen eine Steuerreform auf Pump – eine Steuerreform, die weder der österreichischen Wirtschaft noch den Arbeitnehmern in unserem Land irgendetwas bringt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Zwei mal null ist null!)

Dabei gibt es natürlich zu jeder einzelnen Position Alternativen. Wenn Sie zum Beispiel nun einen Alleinverdiener-Kinderabsetzbetrag einführen, der 250 Millionen € pro Jahr kostet, so hätten Sie damit 60 000 Kinderbetreuungsplätze, die dringend benötigt wer­den, schaffen können. Oder Sie hätten für jedes österreichische Kind die Familienbei­hilfe um 137 € erhöhen können.

All das wären Maßnahmen gewesen, die bedeutend gerechter gewesen wären als das, was Sie machen, denn Sie verlassen einen Grundsatz, der in Österreich immer hoch­gehalten wurde: Jedes Kind muss uns gleich viel wert sein! – Das ist nach dieser Steuerreform leider nicht mehr der Fall, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Bei­fall bei der SPÖ.)

Es ist auch interessant, dass eine Partei wie die FPÖ, die sich immer dafür ausgespro­chen hat, dass ganz besonders die Fleißigen und Tüchtigen in Österreich von ihr ge­schützt werden sollen, einer Steuerreform zustimmt, von der 2,1 Millionen Menschen, nämlich im unteren Einkommensbereich, überhaupt nichts haben, von der 80 Prozent der kleinen und mittleren Unternehmungen auch nichts haben, und dass sie zulässt, dass mit dieser Steuerreform die Steuerprogression mindestens 38 Prozent beträgt. (Abg. Scheibner: Das glauben Sie ja selber nicht!)

Das heißt, jeder Handwerker, jeder Facharbeiter, der sich dazu entschließt, eine Über­stunde zu machen, mehr zu arbeiten oder mehr zu leisten, wird in Zukunft von jedem zusätzlichen Euro, den er verdient, mindestens 38 Prozent an den Finanzminister abliefern müssen. Daher ist das, was Sie erzählen wollen, dass die Grenzsteuersätze abgeschafft sind, ein reiner Hohn. Die Progression wird für einen Großteil der öster­reichischen Einkommensbezieher verschärft und daher werden vor allem die leistungs­bereiten Teile der österreichischen Wirtschaft von dieser Bundesregierung bestraft. – Auch das ist der falsche Weg, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie sollen die Leute motivieren und nicht demotivieren! (Beifall bei der SPÖ.)

 


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