Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 55. Sitzung / Seite 73

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Kollege, dass Sie zum Thema – deswegen ist vielleicht auch Kollege Stummvoll etwas unruhig geworden, als das Licht aufgeleuchtet hat – EU-Erweiterungs-Anpassungs­gesetz relativ wenig bis gar nichts gesagt haben. Ich habe auch Ihre Linie zu diesem Thema vermisst. Mir ist das nicht klar, genauso wie die Linie in dem, was die SPÖ gesagt hat, widersprüchlich war.

Jetzt möchte ich zum Thema kommen und zunächst davon ausgehen, dass der EU-Beitritt der zehn Länder an sich deswegen vollzogen wird, weil man Chancen wahr­nehmen will. Im Wesentlichen ist die Chancenwahrnehmung mit dem Leben der vier Freiheiten, der vier Grundfreiheiten verbunden. Wenn wir im Bereich der Dienstneh­merfreizügigkeit, im Bereich der Dienstleistungen entsprechende Einschränkungen vor­nehmen, dann ist das auch eine Einschränkung der Freiheiten. Wir nehmen uns also möglicherweise in diesem Bereich etwas weg, was insgesamt das Ziel ist.

Daher kann es nur mit der Vermeidung von Unsicherheiten zusammenhängen, wenn wir hier siebenjährige Übergangsfristen festlegen. Ich bin an sich dafür, dass wir Über­gangsfristen haben, weil damit Ängste und Emotionen genommen werden und weil da­mit ein schrittweiser Übergang vom Ist-Zeitpunkt zu einem Zeitpunkt in sieben Jahren erfolgen sollte.

Aber Sie haben vielleicht mitverfolgt, dass auch andere Länder im Zuge des Beitritts Übergangsfristen hatten, etwa Spanien und Portugal solche von zehn Jahren. Was haben sie von den Übergangsfristen wahrgenommen? – Fünf Jahre! Bei uns ist die Automatik ja auch nicht auf sieben Jahre bezogen, sondern auf zwei Jahre, dann folgt ein Bericht; es sind in der Folge drei weitere Jahre möglich und dann, wenn wirklich Probleme am Arbeitsmarkt bestehen, noch weitere zwei Jahre. Die sieben Jahre werden wir also vermutlich nicht brauchen.

Damit bin ich auch bei einer begrifflichen Problematik. Ich bin nicht ganz glücklich mit dem, was wir beschließen. Warum? – „Übergang“ würde ja heißen, dass wir schrittwei­se das Überpotenzial, das Überangebot, das am Arbeitsmarkt in Österreich möglicher­weise entsteht, entsprechend aufsaugen und schrittweise Maßnahmen setzen, um das abzubauen. Was wir aber tun, geschieht nicht schrittweise, sondern wir setzen de facto den Status quo 1 : 1 fort. Der Status quo, 1 : 1 fortgesetzt, bereitet uns wahrscheinlich Probleme, weil dann die Standortentscheidungen der Unternehmen vermutlich nicht in Richtung Österreich, sondern in Richtung anderer Länder gehen.

Wer gestern das „WirtschaftsBlatt“ gelesen hat, wird vielleicht auch gelesen haben, was die Firma Siemens sagt: Wir werden im Osten entsprechend investieren. – Die Handelsdelegierten von verschiedenen Ländern haben in Brüssel eine Pressekonfe­renz gegeben und gesagt: Die Arbeitskräfteregeln könnten ein Schuss ins eigene Knie sein, weil, statt dass die Arbeitskräfte zu uns kommen, vermutlich die Betriebe ins Ausland gehen werden.

Da sollten wir meiner Meinung nach aufpassen und Folgendes erwägen: Könnten wir das nicht vielleicht etwas unbürokratischer regeln, könnten wir nicht in der Form Schritt für Schritt abbauen? – Dafür haben wir von der Wirtschaftskammer in der Begutach­tung verschiedene Vorschläge gemacht, nicht weil wir glauben, dass wir keine Über­gangsfristen brauchen, sondern weil wir die Übergangsfristen in der Praxis entspre­chend leben müssen. Dafür braucht man meines Erachtens nicht eine unbestimmte Übergangsfrist, sondern da hätten zwei Jahre ausgereicht, dann schauen wir uns in der Praxis an, was tatsächlich passiert, und dann wird qualitativ fortgesetzt.

Was ich mit „qualitativ fortsetzen“ meine, ist, dass wir endlich das Grenzgängerabkom­men mit Tschechien abschließen, ein ähnliches auch mit der Slowakei aufbauen, und dass wir mit Führungskräften der zweiten Ebene im Unternehmensbereich anders als


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