Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 81. Sitzung / Seite 63

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sie gilt, nicht auch für andere gelten soll. (Abg. Scheibner: Mein Gott! Das ist genau das!)

Aber ich komme zum Asylgesetz und zitiere, damit das, was Sache ist, wirklich gesagt wird, einen unverdächtigen Zeugen, nämlich Hans Winkler von der „Kleinen Zeitung“. Im Besonderen zu der von Ihnen prätendierten Sache, dass 95 Prozent des Asylgeset­zes ohnehin in Geltung geblieben seien, zitiere ich Hans Winkler wörtlich: 

„Allen beschönigenden Abwiegelungen ... zum Trotz hat der Verfassungsgerichtshof über die Asylpolitik der Regierung ein vernichtendes Urteil gesprochen. ,95 Prozent des Asylgesetzes seien ohnehin in Geltung geblieben, tröstet sich Ernst Strasser ... Selbst der als zurückhaltend bekannte Präsident des Verfassungsgerichtshofes las der Regierung die Leviten: Es sei ein selten schlechtes Gesetz.

Auf einem Rechtsgebiet, wo es um verlässliche Anwendbarkeit, die Berücksichtigung internationaler Vorschriften und die Respektierung humanitärer Standards geht, haben Ministerium und Parlamentsmehrheit frivol schlampige Arbeit geleistet.“ – Zitatende.

Es ist das in Wirklichkeit der vorläufige Schlusspunkt eines langjährigen, nicht sehr ruhmreichen Kapitels österreichischer Flüchtlingspolitik. Wenn ich auch nicht bestreiten möchte, dass die momentane Situation vielleicht eine schwierige ist, so möchte ich schon darauf hinweisen, dass es seit dem Zweiten Weltkrieg eine lange, lang andau­ernde Bereitschaft der österreichischen Bevölkerung gegeben hat, bedrängten Men­schen zu helfen und dass es auch immer eine sehr, sehr lange, positive Flüchtlings­tradition gegeben hat. (Abg. Ellmauer: Noch gibt)

Dabei waren Sie in der Sache vorgewarnt. Ich erinnere etwa an den Verfassungsrecht­ler Mayer, der im Zuge des Begutachtungsverfahrens davor gewarnt hat, dass, auch wenn sich der Staat anschickt, zu sparen und seine Verwaltung effizient zu gestalten, diese Sparsamkeit des Staates nicht Selbstzweck sein könne. Und er hat schon da­mals darauf hingewiesen, dass der beinahe gänzliche Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung verfassungswidrig sei, ebenso dass im Berufungsverfahren keine neuerlichen Tatsachen und Beweismittel mehr vorgebracht werden können, was ansonsten im Verwaltungsverfahren sehr wohl gelte.

Und Sie haben damals schon all diese Einwände negiert. Sie haben unter dem Druck der FPÖ versucht, ein restriktives Asylgesetz zu machen, um der Situation Herr zu werden, und haben sich über alle rechtsstaatlichen Bedenken hinweggesetzt.

Sie haben aber als Repräsentant der Staatsgewalt dafür zu sorgen, dass die Men­schen ihre Interessengegensätze geordnet austragen, wie es das Völkerrecht, wie es die Verfassung und wie es die österreichischen Gesetze gebieten. – So viel ist zum Spruch des Verfassungsgerichtshofes zu sagen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeord­neten der Grünen.)

Natürlich kennen wir die Probleme, wir haben auch immer darauf gedrängt, die für diesen Bereich notwendigen Ressourcen bereitzustellen. Sie wissen genau, dass der Gesetzgeber bei der Einrichtung des Unabhängigen Bundesasylsenates und der Asyl­gesetzgebung bei der Beistellung des Personals von jährlich rund 5 000 bis 6 000 Ver­fahrensabschlüssen ausgegangen ist. Mittlerweile sind es wesentlich mehr.

Sie wissen auch, dass nach wie vor 80 Prozent der abweisenden erstinstanzlichen Entscheidungen des Bundesasylamtes in die Berufung gehen und dass fast die Hälfte der erstinstanzlichen Entscheidung abgeändert oder behoben wird. Sie haben sich trotzdem dafür entschieden, diese Tatsache zu negieren und lieber den Bruch der Rechtsstaatlichkeit in Kauf genommen – auf dem Rücken der Ärmsten, die in dieses Land kommen, die mit sprachlichen Schwierigkeiten kämpfen, die mit Traumatisierung kämpfen, die persönliche Schwierigkeiten haben, die verfolgt sind und die sich nicht so


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