Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 81. Sitzung / Seite 74

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Daher ist es umso unverständlicher und zynischer, wenn man, wenn man Traiskirchen kennt, wenn man das Flüchtlingslager Traiskirchen besucht hat, von Traiskirchen als Labstation spricht, wie dies Frau Abgeordnete Rosenkranz getan hat. Sie wissen an­scheinend nicht, Frau Abgeordnete Rosenkranz, wie es tatsächlich in Traiskirchen aus­schaut, wenn 70, 80 Asylsuchende – das waren oft Männer und Frauen gemeinsam mit Kindern – in einem Raum untergebracht sind, wenn sie sich zu Hunderten eine Toi­letteanlage, eine Dusche teilen müssen. Und dann sagt eine Abgeordnete: Das ist eine Labstation! Da geht es denen ja noch viel zu gut! (Zwischenruf der Abg. Haidlmayr.)

Das kann doch nicht wahr sein, Frau Abgeordnete Rosenkranz! Das ist Zynismus pur. Das haben sich weder die Flüchtlinge noch jene, die sich in dieser Republik für Flücht­linge, für Asylsuchende, für menschenwürdige Bedingungen von Asylsuchenden ein­setzen, verdient. Das sicher nicht! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Interessant finde ich schon – Herr Innenminister, jetzt komme ich zu Ihnen –, dass Sie – das ist mir erst heute so richtig aufgefallen – in den letzten Jahren eigentlich jede Rede mit dem Satz begonnen haben: Wir sind nicht links, wir sind nicht rechts, wir sind rot-weiß-rot! (Ruf bei der ÖVP: Die Mitte!) – Wo war das heute?

Es wurde Ihnen – das wurde schon gesagt – die Regelung über den vorzeitigen Zwangsruhestand vom Verfassungsgerichtshof gekippt. Es wurde Ihnen die Zivildienst­novelle gekippt, und es wurde Ihnen das Asylgesetz gekippt. Herr Minister! Wenn Sie all das damit abtun, dass Sie sagen: 95 Prozent des Gesetzes sind ohnehin in Ord­nung!, egal ob es das Zivildienstgesetz ist oder die Asylgesetznovelle, dann ist mir das zu wenig. Das kann man bei jeder Aufhebung durch den VfGH behaupten und sagen: Da sind ja noch Paragraphen enthalten, die nicht aufgehoben wurden! – Welcher Ver­dienstausweis ist das für einen Innenminister (Zwischenbemerkung von Bundesminis­ter Dr. Strasser), der diese Republik zu vertreten hat und dem Parlament – und das Parlament ist ja in dieser Sache mitgehangen, mitgefangen – Vorlagen liefern sollte, die sich als verfassungskonform herausstellen und nicht verfassungswidrig sind?!

Es kann doch kein Verdienstausweis für dieses Parlament sein, aber auch nicht für den Innenminister, dass eine Gesetzesänderung nach der anderen, die in den letzten Jah­ren vom Innenministerium gekommen ist und über die wir debattiert haben, als verfas­sungswidrig aufgehoben wurde!

Herr Innenminister! Wenn Sie angesichts dieser Debatte noch sagen: Eigentlich super, dass wir jetzt über den Dringlichen Antrag der Freiheitlichen diskutieren!, dann bestäti­gen Sie damit nur mehr oder minder – und das ist das eigentlich Enttäuschende –, dass Sie nicht mehr jener Minister sind, als der Sie im Jahr 2000 ausgezogen sind, und zwar mit einer in Teilen durchaus erfrischenden Haltung und Einstellung zu bestimmten Problemen, und dass Sie und Ihr Ministerium nicht mehr rot-weiß-rot sind, sondern zutiefst schwarz-blau.

Dass Sie, Herr Innenminister, jetzt im Zusammenhang mit dieser Vorlage sagen (Zwi­schenbemerkung von Bundesminister Dr. Strasser): Super, dass wir das jetzt diskutie­ren!, ist doch lächerlich! – Da sind Punkte enthalten, die brauchen wir nicht zu disku­tieren, weil sie entweder in der Menschenrechtskonvention, an die wir uns ja halten sollen, schon enthalten sind – darüber brauchen wir nicht zu diskutieren – oder in Gesetzen, die wir jetzt schon haben und deren Teile nicht aufgehoben wurden.

Worüber diskutieren wir? Worum geht es bei der Diskussion? – Es geht offensichtlich nicht darum, hier jetzt irgendeine Dringlichkeit vorzuschützen, denn der Minister ist un­abhängig von Ihrem Dringlichen Antrag (Abg. Scheibner: Da kann man aber nie einen Dringlichen Antrag machen!), Herr Kollege Scheibner, sowieso vom VfGH angehalten, dieses Gesetz zu reparieren. Ich werde doch nicht einen Minister, der gerade wieder vom Verfassungsgerichtshof für ein schlechtes Gesetz eine „drübergezogen“ bekom-


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