Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 85. Sitzung / Seite 193

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Kategorie ist die Frage der Realitätsverweigerung, Herr Minister, und das ist ein ernstes Thema!

Ich habe Sie auch in anderen Funktionen kennen gelernt, mit einer ganz guten Ge­sprächsbasis ausgestattet, und ich finde es nicht okay von Ihnen, wenn Sie sich hier herstellen und diese Realitätsverweigerung der ÖVP weiterspinnen (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Zur Sache! – Abg. Kößl: Realitätsverweigerung? Wer macht denn Realitätsverweigerung um Gottes willen?) bei einer Steigerung der Kriminalität von 450 000 Kriminalitätsfällen im Jahr 1999 auf jetzt 700 000 Kriminalitätsfälle. (Abg. Kößl: ... das Gesellschaftsbild ...! ..., dass sich das Gesellschaftsbild verändert hat, dann tut es mir Leid!) Und die Aufklärungsrate ist rückläufig von 51 Prozent auf 37 Prozent! – Das ist nicht zum Aufregen, Herr Kollege Kößl, sondern das ist einfach zum Nachdenken, und ich würde meinen, wir sollten alle gemeinsam nachdenken (Abg. Kößl: Genau das ist es: Ihr schreit „mehr Kriminalität“, aber wenn es mehr Geld gibt, dann seid ihr dagegen!), wie wir diese Situation verbessern können – anstatt sich hier herzustellen und Realitätsverweigerung zu betreiben! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Sie die Beamten hier herausstreichen und sagen, die Beamten haben sich nicht verdient, kritisiert zu werden, dann sage ich Ihnen: Niemand kritisiert die Beamten, aber ich glaube, die Beamten haben sich diese Ressortführung nicht verdient! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kößl: Was? Was?)

Wenn man sich die letzten Monate anschaut, dann muss man sagen, dass dieser Schulterschluss, den Sie hier vorgeben zwischen Ihnen und den Beamten durchführen zu wollen, nur sozusagen als Wunschdenken gesehen werden kann, wenn man sich beispielsweise die Personalvertretungswahlen bei der Polizei in Wien anschaut, wo es im letzten Jahr zweistellige Zuwächse für die FSG-Fraktion gegeben hat.

Der letzte Punkt, den Sie angesprochen und hier bejubelt haben, ist die Zusam­menlegung von Polizei und Gendarmerie. Ich glaube, richtig informiert zu sein, dass Sie vor nicht allzu langer Zeit behauptet haben: Bevor unter Ihrer Ressortführung Polizei und Gendarmerie zusammengelegt werden, werden die evangelische und die katholische Kirche zusammengelegt. (Abg. Ing. Kapeller: Wieso wehren Sie sich so gegen ...?) – So viel zur Glaubwürdigkeit in der Politik.

Ich möchte auch an Kollegin Haidlmoser anschließen (Rufe: Haidlmayr!) – Verzeihung: Haidlmayr (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Also bitte!); danke! –, die sich auf den Zivil­dienstbereich konzentriert hat. Ich habe bei der Durchsicht des Budgets keinen Ansatz gefunden, der darauf abzielt, das Verfassungsgerichtshof-Erkenntnis im Hinblick auf die Zivildienst-Novelle des Jahres 2000 entsprechend budgetär einzuplanen (Abg. Kößl: Plus 27 Prozent für das Budget Zivildienst!), nämlich dass die Zivildiener nicht, wie Sie es machen, mit 6 € abgespeist werden, sondern mit 13,6 €. – Das ist nicht meine Forderung, sondern die Forderung des Verfassungsgerichtshofes.

Wenn man das weiterdenkt (Abg. Kößl: Wo steht das?), heißt das, dass 2 700 € pro Zivildiener im Jahr in Ihrem Ressort anfallen werden. Bei 10 000 Zivildienern jährlich sind das 26,7 Millionen €. Wenn man das auf die Jahre hochrechnet, die Sie das den Zivildienern jetzt schon schulden, sind das 100 Millionen €. Ich würde Sie dringend dazu aufrufen, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, wie Sie dieses Geld aufbringen wollen.

Im Übrigen würde ich diese Budgetdebatte auch zum Anlass nehmen, den eigen­artigen Vorschlag, den Ihre Kolleginnen und Kollegen aus der ÖVP offensichtlich jetzt öffentlich ventilieren, nämlich den Zivildienst auf neun Monate plus drei Monate frei­williger Leistung zu fixieren, zu überdenken und sich zu überlegen, ob Sie nicht unserem Vorschlag nachkommen wollen, nämlich: Sechs Monate sind genug! Weil Zivildiener und Präsenzdiener die gleiche Leistung für den Staat, für die Republik


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