Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 112. Sitzung / Seite 102

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vom Gleichen reden können, und das ist ja in einer Debatte meistens auch schon hilfreich. (Beifall bei den Grünen.)

Aber all das bleibt ausgeblendet – heute haben Sie es gar nicht großartig verteidigt. Ich vertraue da nicht auf den Markt allein. Natürlich: Großanleger beziehungsweise Quasi­eigentümer machen sich ein Bild über die Zustände im Vorstand, die können sich auch über andere Zustände ein besseres Bild machen, etwa über die Vorgänge im Aufsichtsrat und darüber, wie gut der Aufsichtsrat eigentlich seiner gesellschaftsrecht­lichen Funktion, in erster Linie der steuernden Kontrolle, nachkommt.

Nächster Problempunkt: Aufsichtsratsfunktionen. Es ist eine leichte Verbesserung, dass überhaupt einmal eine Begrenzung angedacht wird. Ich sage Ihnen aber, für ein Land wie Österreich ist die Oberbegrenzung mit zehn Aufsichtsratsfunktionen, die eine Person innehaben darf, respektive acht bei börsenotierten Unternehmen, plus zehn weiteren für sozusagen Verbandelte – Großmütter, Mütter, Enkel, Töchter – in der Gesellschaftsform ein bisschen viel. Rein theoretisch könnten das ja zwanzig sein.

Mein Problem ist weniger, dass dort, wo die Unternehmen verflochten sind, ent­sprechende Besetzungen vorgenommen werden. Ein Vorstandsmitglied einer Mutter­gesellschaft kann durchaus im Aufsichtsrat einer Tochtergesellschaft sein – das ist vielleicht sogar ökonomisch sinnvoll. Dass es hier einen Sondertatbestand, wenn man so will, gibt, ist in Ordnung. Aber die grundsätzliche Frage, es bei zehn oder bloß acht begrenzen zu wollen, ist für uns – Daumen mal Pi – leicht um das Doppelte zu hoch gegriffen.

Sie fördern damit Zustände, wie wir sie gerade in Österreich antreffen. Sie fördern damit auch Zustände wie etwa beim Fall Siegi Wolf – ich halte das nach wie vor für einen Skandal, der noch gar nicht herzlich und offen genug gewürdigt worden ist –, dass jemand, der in einem Aufsichtsrat, in dem Fall der staatlichen ÖIAG, sitzt, munter mit Informationen auftreibt beziehungsweise vorbereitende Handlungen setzt, um die begehrtesten Stücke dieser ÖIAG an andere zu verbraten, und zwar an solche, wo er selbst in einer maßgeblichen Funktion ist, in diesem Fall an die Magna. (Beifall bei den Grünen.)

Man muss sehr weit in Europa herumfahren, um solche Zustände anzutreffen. Und ich verstehe die Haltung, die da zum Vorschein kommt, überhaupt nicht, denn gerade die Länder, die eine Tradition haben, was die Frage von Marktwirtschaft und Börsen betrifft, nämlich die anglikanischen Länder, haben viel strengere Bestimmungen, und zwar einerseits in den tatsächlichen Einschnitten und Beschränkungen, so wie hier etwa, und andererseits auch in den Transparenzregelungen. – Sie aber lassen die Chance aus, deswegen auch unsere Skepsis und unsere Ablehnung.

Ähnliches gilt für eigene Bilanzkontrollstellen. Ich habe mich auch gefragt: Ist das nicht zu viel Bürokratie? Nein, man kann es anschauen, man kann nachlesen, es würde sehr heilsame Wirkungen erzeugen. Nicht zuletzt gibt es das eben wieder in den USA, in Großbritannien und im Übrigen auch in Deutschland.

So kann man alle Beispiele durchgehen, selten kommt man zu einem Punkt, der besonders gut umgesetzt worden ist, viele Punkte werden mangelhaft umgesetzt und mindestens so viele werden erst gar nicht aufgegriffen, und das ist das Problem bei diesem Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz. Sie werden uns nicht dafür gewinnen, dass wir dem zustimmen.

Abschließend: Ein ähnliches Problem finden wir beim Wettbewerbsrecht vor. Wenn wir schon eine Kronzeugenregelung einführen wollen, dann muss sie auch so funk­tionieren. Wenn jemand, der allenfalls als Kronzeuge auftaucht, in dem Moment, in dem er sich als solcher meldet, nicht weiß, ob er überhaupt besser gestellt ist als


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