Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 129. Sitzung / Seite 57

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Grundsätzlich ist zu sagen – und das orte ich –, dass es unter dem Eindruck der Ereignisse von „nine/eleven“, aber auch der Terroranschläge in Madrid und in London auch in Österreich eine Sensibilisierung und, ich möchte schon sagen, auch einen sicherheitspolitischen Richtungsstreit gegeben hat und nach wie vor gibt. Die einen meinen, man muss angesichts dieses zweifellos vorhandenen neuen Gefahren­potentials die Grundrechte hintanstellen, gesamtvernachlässigen, beschädigen und dem Staat alle Durchgriffsmöglichkeiten eröffnen. Dieser Richtung, würde ich sagen, gehören eher die Regierungsparteien an. Die anderen meinen, es muss alles so bleiben, wie es ist, oder sogar, dass selbst das möglicherweise schon zu weit geht, wollen also etwas zurückdrehen. Dieser Denkrichtung gehört aus meiner Sicht eher die kleinere Oppositionspartei an.

Wir Sozialdemokraten meinen, es muss auch einen dritten Weg geben, einen Weg, der die Grundrechte zu 100 Prozent gewährleistet, bei dem man sich aber der Gefahren­potentiale bewusst ist und klar für das Gewaltmonopol des Staates – und nur für dieses – eintritt. Das ist aus meiner Sicht der Weg der Mitte, das ist der Weg der Sozialdemokratie, und das ist auch der einzig vernünftige Weg.

Wir haben uns daher entschlossen, diesem Sicherheitspolizeigesetz zuzustimmen, weil es aus unserer Sicht eine Balance bietet zwischen der Aufrechterhaltung der Privat­sphäre für Bürgerinnen und Bürger, der Aufrechterhaltung der Grund- und Menschen­rechte, aber gleichzeitig auch der Gewährleistung, dass die Exekutive auch die Instru­mente in die Hand bekommt, mit denen sie, wenn es notwendig ist, etwaige Bedro­hungen adäquat abwehren kann.

Daher hat die SPÖ in den Verhandlungen zu diesem Sicherheitspolizeigesetz ein 10-Punkte-Programm vorgelegt, das dieser Zielrichtung – Balance zwischen vollem Schutz der Grundrechte und Bekämpfung der Gefahrenpotentiale – gerecht wird. Diese zehn Punkte waren für uns eine Conditio sine qua non, und ich stehe auch nicht an, hier festzuhalten, dass die Innenministerin in diesem Punkt auch diesen berechtigten Forderungen aus unserer Sicht Rechnung getragen hat – nach dem Begutachtungs­entwurf – und dass wir damit zu einer gemeinsamen Beschlussfassung kommen können.

Im Zentrum, auch das sei gesagt, steht der so genannte Rechtsschutzbeauftragte – eine jahrelange Forderung der SPÖ, was seine Unabhängigkeit, Weisungsfreiheit und vor allem sein Bestellungsritual betrifft. Dies gewährleistet nämlich, dass er vom Bun­despräsidenten bestellt werden muss. Das war eine zentrale Forderung der SPÖ, und ohne unsere Zustimmung hätte dieser Rechtsschutzbeauftragte auch nicht Realität werden können. Er ist aber ein zentrales Mittel, um diesen Ausgleich zwischen Grundrechten und der Bedrohung, die es möglicherweise gegeben hat, herzustellen.

Ich möchte schon noch ganz kurz kritisch Folgendes hinzufügen: Wenn man vorher schon auf diese Forderungen eingegangen wäre, hätte man sich eine Debatte in der Öffentlichkeit erspart. Wir stehen zu diesem Gesetz, auch wenn es emotional nicht immer leicht fällt. Wenn Herr Klubobmann Molterer hier, auch vor den Fernseh­kameras, in der Aktuellen Stunde Dinge behauptet, wo die SPÖ in der Vergangenheit nicht zugestimmt hätte, dann würde ich schon ein bisschen für Ehrlichkeit und Offenheit auch in der Politik plädieren. (Oh-Rufe bei der ÖVP.)

Wir stehen zu diesem Gesetz, weil es ein gutes Gesetz ist, und Sie werden immer unsere Partnerschaft über Parteigrenzen hinweg, über Oppositions- und Regierungs­grenzen hinweg finden, wenn es sinnvoll für Österreich ist, wenn es sinnvoll für die Sicherheit in Österreich ist. (Beifall bei der SPÖ.)

11.56

 


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