Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 129. Sitzung / Seite 298

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Wesentlich ärger ist die Sache mit dem Ausbildungskostenrückersatz. Sie wissen genauso gut wie wir, dass sich Wissen auf dem Arbeitsplatz, aber auch außerhalb wesentlich kürzer verwertet und entwertet als noch in vergangenen Jahren. Das wissen Sie, davon spricht man in jeder Bildungsdebatte. Das ist die Begründung für lebens­begleitendes Lernen: dauernd neu lernen. Was aber machen Sie im Endeffekt? – Wissen, sagen Sie, hält länger als je zuvor.

Bisher galt als Regelung beim Ausbildungskostenrückersatz, dass bis zu drei Jahre beziehungsweise fünf Jahre nach dem Richterrecht zurückgezahlt werden muss. Was machen Sie jetzt? – Sie sagen, bis zu fünf Jahre beziehungsweise bis zu acht Jahre muss zurückgezahlt werden. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Sie ermöglichen diese Regelung! Sie ermöglichen sie, genau das ist es, und damit gehen Sie von der völlig irrigen Annahme aus, dass Wissen länger hält und länger kostbar ist als je zuvor!

Falsch! Sie haben die Grundannahmen dessen, warum Wissen am Arbeitsplatz notwendig ist, ganz offensichtlich nicht verstanden. Sie wissen genauso gut wie ich, dass man in bestimmten Branchen und auch auf bestimmten Ebenen der beruflichen Tätigkeit im Jahr mehrere Male Kurse besucht und dass Wissen beispielsweise in der Softwarebranche nicht länger hält als ein bis zwei Jahre. Aber Sie sagen jetzt, Ausbildungskostenrückersatz kann bis zu fünf Jahre gefordert werden.

Es gibt Leute, die innerhalb von fünf Jahren vielleicht zehn Kurse absolvieren. Und da sagen Sie: Es muss zurückgezahlt werden!? – Das ist doch absurd, mit Verlaub gesagt! Von einem Menschen in der IT-Branche, für den ein Kurs, den er vor vier Jahren gemacht hat, absolut nichts mehr wert ist, verlangen Sie, dass er für diesen Kurs vor vier Jahren auch noch zahlt? – Eine Absurdität und Monstrosität sonder­gleichen, die Ihnen da eingefallen ist!

Nächster Punkt: Tatsächliche Ausbildungskosten sollen rückbezahlt werden. Sie definieren nirgendwo, was „tatsächliche Ausbildungskosten“ sind. Schon bisher haben die Richter gesagt, dazu gehören auch Hotel- und Aufenthaltskosten und Essens­kosten. Wir sind nicht der Meinung, dass das tatsächliche Ausbildungskosten sind.

Noch etwas zu den tatsächlichen Ausbildungskosten. – Sie sagen tatsächliche Ausbil­dungskosten, sagen aber nicht dazu, dass Arbeitgeber auch die Möglichkeit haben, eine Bildungsprämie zu kassieren oder über allgemeine Wirtschaftsförderung beispiels­weise einen Teil dieser Ausbildung, die sie den Arbeitnehmern ermöglichen, von der Steuer abzusetzen. Was sind also „tatsächliche Ausbildungskosten“ – jene Kosten, die dem Arbeitnehmer verrechnet werden, oder jene, die der Betrieb tatsächlich hat? – Das ist nicht geklärt, macht Ihnen aber offensichtlich nichts aus: Wir brauchen nicht darüber zu diskutieren, wir machen es einfach, ohne Debatte, hören höchstens im Ausschuss den Oppositionsparteien noch kurz zu!

Den gröbsten Schnitzer, aber auch den dümmsten Schnitzer – das muss man dazusagen – leisten Sie sich im Zusammenhang mit der Arbeitgeberkündigung. Auch bei Arbeitgeberkündigung – das war ein absolut dummer Schnitzer! – sollte es möglich werden, Ausbildungskosten rückzahlbar zu machen. Das ist ja beinahe nicht mehr zu fassen! Der Arbeitgeber spricht eine Kündigung aus, und dann werden Ausbildungs­kosten rückerstattet? (Abg. Wöginger: Wird erledigt!) Diesen gröbsten Schnitzer haben Sie repariert, aber das ist ja nur der allergröbste Schnitzer, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Mit dem, was Sie hier vorschlagen, schränken Sie Mobilität und Bildungsmöglichkeiten ein! Das wissen auch einige von Ihnen. Schauen Sie sich um in großen Betrieben, in denen hohes Wissen verankert ist, was die zum Beispiel pro Jahr an Ausbil­dungsgeldern reserviert haben und was die pro Jahr tatsächlich ausgeben! Mir wurde von mehreren Leuten aus diesen Betrieben gesagt, das Wissen werde nicht mehr


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