Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 140. Sitzung / Seite 166

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Also ich erinnere mich noch gut an das Erkenntnis damals zum Thema Familienbe­steuerung. Die Frau Präsidentin wird sich sicher auch daran erinnern, wie der Verfas­sungsgerichtshof da judiziert hat. Und das war gar nicht, das gestehe ich, nach mei­nem, nicht jetzt Geschmack, aber nach meinen Vorstellungen, aber der Nationalrat hat das respektiert und hat dann auch entsprechende legistische Handlungen gesetzt.

In diesem Fall könnten wir uns am seinerzeitigen Erkenntnis ein Beispiel nehmen und sagen: Die Lösung liegt auf dem Tisch, denn der Verfassungsgerichtshof – und ich würde ja dem Herrn Bundeskanzler empfehlen, das zu tun – schreibt es wortwörtlich in seinem Erkenntnis. Er schreibt nämlich in seinem Erkenntnis: Solange es keine Topo­graphieverordnung für Kärnten gibt – für jene, die das nicht so genau wissen: Topogra­phieverordnung heißt eine Verordnung, in der für jene Orte und Gemeinden, die zwei­sprachig sind, die Namen auch zweisprachig festgelegt werden –, so lange ist der Staatsvertrag von Wien direkt und unmittelbar, wie das rechtstechnisch heißt, anzu­wenden.

Das heißt, der Bezirkshauptmann von Völkermarkt – und wir sprechen jetzt immer nur von einem der politischen Bezirke innerhalb des zweisprachigen Gebiets –, die Be­zirkshauptmannschaft, in dem Fall der Bezirkshauptmann, ist für die Umsetzung des Erkenntnisses zuständig.

Meine Damen und Herren, was inzwischen passiert ist, das wissen Sie: Der Herr Lan­deshauptmann hat die Frist bis zum 30. Juni, die der Verfassungsgerichtshof gegeben hat, nicht verstreichen lassen, sondern Herr Landeshauptmann Haider hat schon agiert. Er hat die einsprachige Ortstafel von Bleiburg/Pliberk, also nur „Bleiburg“, um ein paar Zentimeter versetzt (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Nein, ein paar Meter!), oder um ein paar Meter, und zieht daraus rechtlich den Schluss, dass damit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs Genüge getan ist. Er hat eine neue Verordnung erlassen, die alte Tafel ist entfernt, eine neue Tafel – sie ist identisch mit der vorherigen – ist ein paar Meter weiter aufgestellt, und deshalb gibt es keine weiteren rechtlichen Schritte zu setzen.

Genau diese Aktion des Herrn Landeshauptmannes, nämlich das Erkenntnis des Ver­fassungsgerichtshofs in seinem Wirkungsbereich quasi umzusetzen, ist Gegenstand des Entschließungsantrages, den die Grünen eingebracht haben. Dieser ist keine Idee der Grünen, sondern er entspricht einer Aufforderung des Präsidenten des Verfas­sungsgerichtshofs an die österreichische Bundesregierung, die durch den Bundes­kanzler repräsentiert wird. Denn Herr Präsident Korinek – das kann man im ORF und in zahlreichen Zeitungen nachlesen, und er wird es sicher gerne wiederholen – hat ge­sagt: Nach dieser Aktion in Kärnten regt er an, eine Verordnungsprüfung durch die Bundesregierung beim Verfassungsgerichtshof zu beantragen, weil das, was dort pas­siert ist – und das sind jetzt meine Worte, weil der Herr Präsident des Verfassungs­gerichtshofs nie so sprechen würde –, ein Pflanz des Rechtsstaates ist, und pflanzen – das sind meine Worte – lassen wir uns nicht!

Herr Präsident Korinek drückt das viel nobler, rechtspolitisch korrekter und zurückhal­tender aus, aber ich glaube, in Österreich versteht es jeder. Das hat mit der Faschings­zeit überhaupt nichts zu tun, weil diesbezüglich in Kärnten ja immer Faschingszeit ist, und zwar nicht nur ein Jahr lang, sondern seit Jahrzehnten, was diese Frage angeht. Diese Anregung haben die Grünen aufgenommen.

Nachdem der Herr Bundeskanzler heute in der Früh gesagt hat, dass er überhaupt keine Veranlassung sieht, selbst eine Topographieverordnung zu erlassen, ist dieses Anliegen, nämlich diese Verordnung, diese Aktion von Haider in Kärnten durch den Verfassungsgerichtshof auf Antrag der Bundesregierung prüfen zu lassen – und es kann nur die Bundesregierung diesen Antrag stellen –, ja umso aktueller und brisanter!


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